Die Region ist beispielhaft

Terrorismus und zunehmende Gewaltkriminalität sind für Max-Peter Ratzel, Chef der europäischen Polizeibehörde Europol, die Hauptbedrohungen für Europa. Er fordert mehr Befugnisse für die Den Haager Behörde.

Trier. (wie) Europol braucht mehr Befugnisse - das fordert der Chef der Den Haager Behörde, Max-Peter Ratzel im Interview mit dem TV. Das Gespräch mit dem gebürtigen Saarländer führte unser Redakteur Bernd Wientjes am Rande einer Tagung der Europäischen Rechtsakademie in Trier. Herr Ratzel, nehmen wir ein aktuelles Beispiel: Polizistenmord in Heilbronn, verdächtigt wird eine Frau, deren Spuren in ganz Europa, auch in der Region gefunden wurden und die für mehrere Verbrechen verantwortlich sein soll. Was kann Europol dazu beitragen, diesen Fall aufklären? Ratzel: Die Daten aus solchen Fällen werden von Europol mit vorhandenen Daten abgeglichen. Wir stellen dann Bezüge zu anderen Tätern oder Taten her und helfen den nationalen Ermittlern bei der Suche nach Hinweisen im Ausland. Mit anderen Worten: Europol kann die nationale Polizei nur unterstützen, kann aber nicht selbst ermitteln? Ratzel: Unsere Rolle ist in der Tat Unterstützung für die Polizei der EU-Mitgliedsstaaten. Wir dürfen nur dann vor Ort ermitteln, wenn wir dazu von den Ermittlern aufgefordert werden. Europol-Mitarbeiter nehmen allerdings selbst keine Verdächtigen fest und machen keine Hausdurchsuchungen. Unsere Stärke liegt in der Kriminalitätsanalyse. Braucht Europol mehr Befugnisse? Ratzel: Derzeit sind wir hauptsächlich zuständig für Fälle der Organisierten Kriminalität. Allerdings macht uns die Zunahme der europaweiten Schwerkriminalität Sorge. Das sind reisende Gewalttäter, etwa Hooligans bei Fußballspielen oder gewaltbereite Störer von Politik- oder Kulturveranstaltungen. Aber auch Serienmörder gehören dazu - genauso wie die Verbreitung von Kinderpornografie im Internet. Stichwort Hooligans: In ein paar Monaten beginnt die Fußball-EM in Österreich und der Schweiz. Kann Europol da also noch nicht aktiv werden? Ratzel: Wir haben die Veranstalter-Länder bereits mit Kriminalitäts-Lagebildern versehen und werden mit einem Verbindungsmann während des Turniers vor Ort sein. Funktioniert die grenzüberschreitende Polizeiarbeit in Europa? Ratzel: Die funktioniert zunehmend besser. Die Grenzlage verführt Straftäter dazu, grenzüberschreitend tätig zu werden. Weil die Täter immer internationaler werden und netzartig zusammenarbeiten, muss auch die Polizei grenzüberschreitend tätig werden. Gerade in dieser Region hier funktioniert das seit Jahren beispielhaft. Haben die offenen Grenzen und die EU-Erweiterung zu einer Kriminalitäts-Steigerung beigetragen? Ratzel: Grenzen haben Straftäter noch nie aufgehalten. Nicht die Öffnung der Grenzen hat zu einer Veränderung der Kriminalität in der EU beigetragen, sondern die politische Entwicklung, von der alle EU-Bürger profitieren, hat dazu geführt, dass sich Täter frei und ungeniert bewegen können. Wie groß die Terrorgefahr in Europa? Ratzel: Terrorismus ist ein gravierendes Risiko. Nach unseren Beobachtungen gibt es weitere Anschlagsvorbereitungen in Europa. Die Bedrohung ist zwar nur punktuell, aber dafür können bei einem Anschlag mehrere hundert oder tausend Menschen zu Tode kommen.

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