Die schrecklichen Bilder kehren immer wieder zurück

TRIER/DAUN. Ein halbes Jahr nach dem tödlichen Sturz einer 14-jährigen Schülerin aus einer Bungee-Kugel auf der Dauner Kirmes hat die Trierer Staatsanwaltschaft Anklage gegen das Betreiber-Ehepaar und drei Mitarbeiter des Fahrgeschäfts erhoben. Der Vorwurf: fahrlässige Tötung und Körperverletzung.

Dauner Kirmes, 10. August 2004: Gegen 17 Uhr setzen sich zwei 14 und 16 Jahre alte Freudinnen in eine so genannte Bungee-Kugel. Das spektakuläre Fahrgeschäft namens "Sling-Shot" katapultiert die Insassen in Bruchteilen von Sekunden auf 60 Meter Höhe, dreht sich um die eigene Achse und pendelt aus. Damit den vergnügungshungrigen Fahrgästen nichts passiert, sind sie in der Kugel gesichert: mit Bügel und Gurten.Als ein "Sling-Shot"-Mitarbeiter an jenem Nachmittag die beiden Auslöser drückt, passiert das bis dato Unvorstellbare: Die Kugel wird in die Höhe geschleudert, obwohl die Mädchen noch nicht angeschnallt sind. Ein Sicherungsmechanismus, der das verhindert, existiert nicht. Das Fahrgeschäft ist dennoch vom Tüv zugelassen worden. Die beiden Freundinnen können sich zunächst noch festhalten, als die Bungee-Kugel mit 140 Stundenkilometern in die Höhe katapultiert wird. Doch am Scheitelpunkt verliert die Jüngere schließlich den Halt, stürzt vor den Augen ihrer Freundinnen und sonstiger Festbesucher 60 Meter in die Tiefe und erliegt noch am Unglücksort ihren schweren Verletzungen. Ihre zwei Jahre ältere Freundin kann sich festhalten, bis die Kugel abgebremst und wieder verankert ist. Das Mädchen wird körperlich nur leicht verletzt, die Bilder von damals holen sie nach wie vor ein.

Der tragische Kirmesunfall sorgt bundesweit für Schlagzeilen. Als vermeintlich Hauptschuldiger ist rasch ein heute 24-jähriger Schausteller ausgemacht, der die beiden Auslöserknöpfe gedrückt hat. Er steht nur zwei Meter neben der Bungee-Kugel, hätte also mitbekommen müssen, dass die beiden Schülerinnen nicht gesichert sind. So sieht es zumindest der Staatsanwalt. Offenbar verlässt sich der Mann am Schaltpult aber auf seine beiden Kollegen. Die allerdings scherzen laut Trierer Staatsanwaltschaft lieber mit den jungen Damen, statt sie anzugurten.

Alle drei Schausteller müssen sich demnächst vor dem Trierer Landgericht verantworten. Mit ihnen wird aber auch das Inhaber-Ehepaar auf der Anklagebank Platz nehmen müssen. Den 51 und 55 Jahre alten Eheleuten wirft die Staatsanwaltschaft vor, ihre Angestellten nicht ordnungsgemäß geschult sowie ihr laxes Verhalten geduldet zu haben.

Der Dauner Rechtsanwalt Hans-Albrecht Brauer, der beide betroffenen Familien vertritt, wird in dem Verfahren als Nebenkläger auftreten. Neben der Verurteilung der fünf Angeklagten will er einen weiteren Aspekt untersucht wissen - die Verantwortung der technischen Überwachungsvereine, die das Gerät zugelassen haben: "Dieser Punkt wird für uns nicht aus dem Blick geraten." Kurz nach dem Unfall hatte das rheinland-pfälzische Finanzministerium als oberste Bauaufsichtsbehörde angeordnet, dass künftig nur noch mit zusätzlichen Sicherungssystemen ausgestattete Bungee-Kugeln betrieben werden dürfen.

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