Die ungeliebte Notlösung

Trier · Wie kann man werdenden Müttern in einer verzweifelten Situation helfen, aber auch den Interessen des Kindes gerecht werden, das da gerade zur Welt kommt? Die Suche nach Lösungen in diesem Konflikt ist schwierig.

Trier. Die Diskussion ist wieder aufgeflammt, seit ein Expertengutachten zu dem Ergebnis kam, dass es Adoptivkindern erheblich schaden kann, wenn sie keine Möglichkeiten haben, etwas über ihre Herkunft zu erfahren. Daraus resultiert der Vorschlag des Bundesfamilienministeriums für eine "vertrauliche Geburt", bei der die persönlichen Daten der Mutter festgehalten werden - allerdings nur für das Kind, abrufbar ab dessen 16. Lebensjahr. "Grundsätzlich sinnvoll" findet das eine Praktikerin wie Gudrun Zimmermann, die Schwangere beim Diakonischen Werk der evangelischen Kirche in Trier berät. Es sei "schon von der Psychohygiene her sinnvoll", dass Kinder die Chance hätten, als junge Erwachsene ihre leibliche Mutter kennenzulernen - wenn sie es wollen. Sie sieht allerdings auch die Kehrseite: Das erzwungene "Outing" der Mutter werde manche davon abschrecken, diese Möglichkeit zu nutzen.
Schwieriger Umgang


Mütter, die ihre Schwangerschaft verbergen und ihre Kinder nicht behalten wollen: Das ist kein Massenphänomen, aber es kommt regelmäßig vor. "Anonyme Geburten gibt es häufiger als man denkt", sagt Ingeborg Schöndorf vom Jugendamt der Stadt Trier. Bundesweite Nachfragen bestätigen das Bild: Kaum eine Geburtsklinik, die nicht mehrfach im Jahr eine anonyme Geburt verzeichnet.
Der Bund deutscher Hebammen zählt bundesweit 70 Babyklappen, die unterschiedlich frequentiert werden. Im Ruländer Hof, der eine entsprechende Einrichtung in Trier unterhält, wurde von 2000 bis 2010 ein Baby abgegeben, 2011 dann zwei innerhalb kurzer Zeit.
Der Umgang mit der Einrichtung Babyklappe ist schwierig: Einerseits will man keine übermäßige Reklame dafür machen, andererseits soll sie helfen, Kindstötungen oder unkontrollierte Aussetzungen zu verhindern - und das setzt voraus, dass die mögliche Klientel das Angebot zumindest kennt.
So richtig froh ist damit niemand. Der Hebammen-Bund zweifelt den Nutzen der Babyklappen generell an. Auch Christel Kallies, Pflegedienstleiterin für die Kinderabteilungen im Trierer Mutterhaus, wirbt für eine Geburt im Krankenhaus. Aber dafür müsse man "die Zielgruppe besser ansprechen", und die sei "schwierig zu erreichen".
Viele ungeklärte Fragen


Genau das aber könnte sich noch verschärfen, wenn die Mütter, die meist unter extremem Druck stehen, künftig ihre Daten preisgeben müssen.
Unklar ist auch die Frage, wer dann darüber verfügt. Staatliche Ämter und Behörden sollen es jedenfalls nicht sein, wenn es nach Ministerin Schröder geht. Der Bund deutscher Hebammen will die Unterlagen dagegen bei den Adoptionsvermittlungsstellen hinterlegen - damit wären die Jugendämter wieder im Spiel, was nicht unbedingt einer vertrauensbildenden Maßnahme gleichkäme.
Im Schröder\'schen Ministerialentwurf kommt den Beratungsstellen für Schwangerschaftskonflikte eine tragende Rolle zu - im Prinzip logisch, denn sie könnten am ehesten auch schon im Vorfeld für diesen Weg werben. Die Betroffenen wissen aber noch nichts von ihrem Glück - in Trier jedenfalls kennen bislang weder Pro Familia noch Diakonie die Pläne. Freilich, so signalisiert Beraterin Gudrun Zimmermann, werde man sich "der Sache nicht entziehen".

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