Die Universität Trier und ihre Mütter

"Fünf Väter, ein ansehnliches Kind" so lautete die Überschrift eines TV-Artikels zum 40. Geburtstag der Trierer Uni. Aber selbst wenn die Hochschul-Präsidenten und -Kanzler alle männlich waren - auch Frauen haben in den vier Jahrzehnten der Hochschule auf dem Tarforster Campus ihre Spuren hinterlassen.

Trier. (DiL) Als Gisela Müller-Fohrbrodt Mitte der 70er Jahre ihre Pädagogik-Professur an der Uni Trier antrat, war sie eine Exotin: die erste und damals einzige Frau in der 50-köpfigen Riege der Herren Professoren.

An der frisch gegründeten Hochschule war vom emanzipatorischen Geist der 68er nicht viel zu spüren. Zwar bewegte sich der Frauenanteil bei den Studenten auf die 50-Prozent-Marke zu, aber das Rednerpult im Hörsaal blieb den Herren der Schöpfung nahezu exklusiv vorbehalten. Selbst in den Achtzigern waren Professorinnen ähnlich dünn gesät wie Fußballerinnen.

Als Müller-Fohrbrodt 1986 beim Senat eine Arbeitsgruppe für Frauenfragen initiierte, hatte sie das berechtigte Gefühl, "dass eine Reihe von Kollegen das für absolute Zeitverschwendung hielten". Auch studentische Senatsvertreter mit gutem Gedächtnis erinnern sich an die gelangweilt-gönnerhaften Gesichter mancher Professoren, wenn "Frauenthemen" auf der Tagesordnung standen. Und als Müller-Fohrbrodt 1989 zur ersten Frauenbeauftragten der Uni wurde, fragte ein männlicher Kollege: "Haben Sie das nötig?".

Gerade im wissenschaftlichen Milieu mit seinem festen Glauben an Objektivität und Leistung war es offenkundig schwer, die Benachteiligung von Frauen bewusst zu machen. Das sei in der Verwaltung teilweise einfacher gewesen, erinnert sich Margarete van Oordt, fast ein Vierteljahrhundert unter vier Präsidenten Leiterin der Präsidialabteilung - und von manchen Insidern als eigentliche Chefin der Uni apostrophiert. Aber als sie 1981 den Job übernahm, wurde sie vom damaligen Präsidenten Arnd Morkel - durchaus wohlwollend - eingenordet: "Sie müssen das Doppelte leisten wie ein Mann", sagte er gleich zur Begrüßung.

Sie habe sich "zunächst erkämpfen müssen, ernst genommen zu werden", erinnert sich die heute 70-Jährige. Aber irgendwann sei ihre Abteilung so frauen-dominiert gewesen, "dass die Männer schon einen Sonderstatus beantragen wollten".

Auch in Lehre und Forschung wandelte sich in den 90er Jahren das Bild. Wo Müller-Fohrbrodt nach eigener Erinnerung noch "heimlich nach Komplizinnen suchen musste", profitierten ihre Nachfolgerinnen Gisela Schneider und Claudia Winter schon vom Bewusstseinswandel. Und von den schnöden Zahlen, die dokumentierten, dass Frauen inzwischen die klare Mehrheit der Studierenden und der Absolventen stellten - eine Tendenz, die sich bis heute weiter verstärkt hat. "Die Bildung ist mit Zeitverzögerung auch in unserer Region bei den Mädchen angekommen", sagt Winter, die heute hauptamtliche Referentin beim universitären Frauenbüro ist.

Netzwerk statt Einzelkämpferinnen

 Drei „Mütter“ der Uni Trier: die Frauenbeauftragten Professor Gisela Müller-Fohrbrodt, Claudia Winter, Gisela Schneider (von links) bei der Amtsübergabe im Jahr 1996. Foto: Uni-Archiv

Drei „Mütter“ der Uni Trier: die Frauenbeauftragten Professor Gisela Müller-Fohrbrodt, Claudia Winter, Gisela Schneider (von links) bei der Amtsübergabe im Jahr 1996. Foto: Uni-Archiv



Aus den Einzelkämpferinnen früherer Jahre ist ein kleines Netzwerk entstanden: Es gibt das Frauenbüro, die Senats-Frauenbeauftragte, die Frauenreferentin, eine Sachbearbeiterstelle und sechs Frauenbeauftragte der Fachbereiche. Die Uni ist als "familiengerechte Hochschule" anerkannt, ihr Gleichstellungskonzept umfasst 24 Din A-4-Seiten, der Anteil an Professorinnen ist in den vergangenen Jahren "regelrecht explodiert" (Winter) - wo 2006 noch 19 Professorinnen lehrten, sind es jetzt schon 33. Was allerdings trotzdem nur 21 Prozent der 159 Gesamt-Professuren ausmacht. Dieser Fortschritt verdankt sich keineswegs nur männlicher Einsicht, sondern auch einem 1,4 Millionen Euro schweren Förderprogramm von Bund und Land.

Es bleibt also noch einiges zu tun. Auch wenn sich die Studentinnen-Generation von heute nach der Beobachtung von Claudia Winter "subjektiv nicht mehr benachteiligt fühlt" und sich die Emanzipations-Vorreiterinnen von einst "manchmal wie Fossile vorkommen". Wie dünn das Gleichstellungs-Eis sei, merkten viele "erst, wenn sie zum Beispiel Kind und Uni-Karriere unter einen Hut kriegen wollen". Hintergrund Die Uni Trier hat aktuell 33 weibliche und 126 männliche Professoren. Je höher die Professur dotiert ist, desto geringer ist der Frauenanteil. Bei den 381 wissenschaftlichen Mitarbeitern sind 42 Prozent weiblich (Stand 2008). 60 Prozent der Studierenden sind weiblich, bei den Absolventen sind es 63 Prozent. Bei Sekretariatsstellen liegt die Männer-Quote im Promille-Bereich.(DiL)

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