Die Zukunft ist groß und quer gestreift

LEIWEN. Weinbau in der Krise? Im Gegenteil, heißt es beim Dienstleistungszentrum ländlicher Raum – man müsse es nur richtig angehen. Wie, zeigen die Experten mit einem Modellprojekt in Leiwen: Mini-Parzellen werden zu einem großen Wingert zusammengefasst, die traditionellen Längsreihen weichen Querterrassen. Ziel ist eine wirtschaftlichere Bearbeitung.

Einen malerischen Wingert stellt man sich anders vor. Nur vereinzelt wachsen in diesem Teil der Lage "Leiwener Klostergarten" noch ein paar Reihen Rebstöcke. Ein Großteil der Parzellen liegt brach, raue Gräser und Hecken wuchern dort. "Ein erbärmlicher Zustand", kommentiert der Leiwener Ortsbürgermeister Claus Feller. "In der Kommunalpolitik hat man sich große Sorgen um den Weinbau in Leiwen gemacht." Nicht genug damit, dass der Blick auf den brachliegenden Hügel am Ortsrand wenig tauglich ist für Prospekte, die Touristen in die Moselgemeinde locken sollen. "So entsteht auch schnell ein negatives Image", erklärt Reinhold Lichtenthal, stellvertretender Leiter des Dienstleistungszentrums ländlicher Raum (DLR) in Trier. "Die Leute sehen, dass diese Lage nicht bewirtschaftet wird und folgern, dass hier kein guter Wein wächst." Dabei sei genau das Gegenteil der Fall, sagt der Leiwener Winzer Heinz Schneider. Zusammen mit seiner Frau Susanne will er künftig eine sechs Hektar große Fläche in dem Gebiet bewirtschaften - ein in der Region einmaliges Projekt. "Fast 100 Parzellen werden zusammengelegt", berichtet Lichtenthal, der diesen Prozess mit seinen Mitarbeitern begleitet. Denn schuld an der Brache sind vor allem die winzigen Grundstücke, die ein ren-tables Arbeiten kaum möglich machen. "Die durchschnittliche Größe beträgt 500 Quadratmeter", sagt Winzer Schneider. "Da würden manche für mehr Geld Sprit verfahren, als sie erwirtschaften können." Lichtenthal und Heinz sind voll des Lobes über die anderen Leiwener Winzer, die das Projekt unterstützen - zwischen 60 und 70 von ihnen haben ihre Grundstücke an die Schneiders verkauft oder mit ihnen getauscht. "So etwas ist an der Mosel nicht selbstverständlich", sagt Lichtenthal und betont: "Das ist alles freiwillig und ohne Druck geschehen." Neben der für die Mosel riesigen Größe von sechs Hektar soll ein weiterer innovativer Schritt zur Wirtschaftlichkeit beitragen: Statt der bekannten Längsreihen werden die Rebstöcke künftig quer angepflanzt - auf Terrassen, die so breit sind, dass sie bequem mit Fahrzeugen bewirtschaftet werden können. "So reduzieren wir den Arbeitsaufwand von 1600 Stunden pro Hektar und Jahr auf 300 bis 400 Stunden", sagt Susanne Schneider. Das macht den Nachteil mehr als wett, dass statt 4800 Rebstöcke bei herkömmlicher Bewirtschaftung auf Querterrassen nur 2800 Pflanzen wachsen. Zumal, wie Reinhold Lichtenthal betont, dadurch auch die Qualität des Weins steigen wird. Nach der Ernte rücken Bagger und Raupen an, im Frühjahr 2007 werden die Rebstöcke gepflanzt: vor allem Riesling, aber auch die Rotweinsorten Spätburgunder, Regent, Cabernet und Merlot. Dass solche Projekte auch in Zeiten wie diesen Sinn machen, davon sind alle Beteiligten überzeugt. Der Riesling boome, argumentieren sie, die Zeiten der Weinbergsrodungen seien vorbei. Bei Igel-Liersberg zum Beispiel habe man auf einer 2,5 Hektar großen Brachfläche neue Rebstöcke gepflanzt. "Entscheidend ist, dass die Lagen groß genug sind", sagt Lichtenthal. Und sein Mitarbeiter Bernhard Theis fordert: "Winzer müssen ihre Arbeitsstunden senken, um diese Zeit in die Vermarktung zu investieren." Das DLR unterstützt mehrere andere Projekte mit diesem Ziel. Im Ruwertal etwa werden Weinberge so umgestaltet, dass sie besser befahrbar sind. Und in Serrig wird derzeit ein Wingert quer terrassiert. Unterstützt werden solche Projekte meist aus öffentlichen Töpfen für Bodenordnung und Umstrukturierung. Gut angelegtes Geld, findet Ortsbürgermeister Feller im Fall Leiwen: "Wenn wir Erfolg haben, werden andere folgen."

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