Drei Räume, Strom und ein Plumpsklo

Trier/Libanon · Der Trierer Projektmanager Michael-Ron Stallwood hat 2013 gemeinsam mit dem Trierer Verein Faose eine Projektschule in einem Flüchtlingscamp gegründet. Nun ist er zurück in den Libanon gereist. Er berichtet von Ausbeutung, Krieg und Menschen ohne Heimat.

 Millionen syrische Flüchtlinge leben im Libanon in einfachen Zeltbauten (linkes Foto). Um sich die jährliche Miete von etwa 110 Euro leisten zu können, müssen sie auf den Feldern der Campbesitzer arbeiten (rechts). Fotos (3): Philipp Breu

Millionen syrische Flüchtlinge leben im Libanon in einfachen Zeltbauten (linkes Foto). Um sich die jährliche Miete von etwa 110 Euro leisten zu können, müssen sie auf den Feldern der Campbesitzer arbeiten (rechts). Fotos (3): Philipp Breu

Foto: Philipp Breu (h_st )

Trier/Libanon. Millionen Syrer leben in einfachen Zeltbauten. An den Ecken jeder Wohneinheit stehen Holzpfosten - alte LKW-Planen bilden die Wände: vereinzelt sieht man darauf noch Werbebotschaften, die Spediteure einst auf ihnen angebracht haben. 120 US-Dollar zahlt eine Familie pro Jahr, um in einer lybischen Flüchtlingsunterkunft wohnen zu dürfen. Dafür gibt es drei kleine Räume, Strom und ein Plumpsklo. Das Trinkwasser kommt von einem Sammelbecken in der Mitte des Camps.
1000 Menschen leben alleine im sogenannten Chtaura-Camp. Der Trierer Projektmanager Michael-Ron Stallwood hat den Libanon nun besucht. Gemeinsam mit dem Trierer Verein Faose (Free Association of Syrian Expats - freie Gemeinschaft syrischer Auswanderer) hat er 2013 geholfen, eine Schule in der Nähe des Camps aufzubauen. 100 Kinder gehen dort zum Unterricht. Einen vollwertigen Schulabschluss bekommen die Schüler aber nicht, sagt Stallwood. "Projektschulen dürfen nur unterrichten, aber keine Abschlüsse vergeben." Dennoch sei die Schule wichtig: "Bildung gibt Kindern und auch Erwachsenen eine Chance für die Zukunft", sagt Stallwood.Zwei Millionen Flüchtlinge


Das Chtaura-Camp liegt als eines von vielen in der Bekka-Ebene, einem kargen Landstreifen im Osten des Libanon. In der Ferne sieht man ein Gebirge - dahinter tobt seit März 2011 der Bürgerkrieg. Die Syrer flüchten über die Grenze in den kleinen Staat am Mittelmeer - inzwischen sind es insgesamt fast zwei Millionen. Flüchtlinge stellen heute etwa 30 Prozent der Einwohner des Libanon. Zum Vergleich: Das ist in etwa so viel, als würde Deutschland die kompletten elf Millionen Einwohner Belgiens und die 16 Millionen Einwohner der Niederlande aufnehmen.
Nur auf Trier bezogen, stellen Flüchtlinge 3,9 Prozent (etwa 4000 Menschen) der Einwohner. Rechnet man die Flüchtlinge aus den Erstaufnahmeeinrichtungen (2200) heraus, die noch auf die Kommunen im Land verteilt werden, sind es sogar nur 1,8 Prozent.
Der Eigentümer des Chtaura-Flüchtlingscamps ist ein libyscher Grundbesitzer. Das ist so üblich: Nahezu alle Camps im Libanon befinden sich in Privatbesitz.
Neben den Einnahmen aus der Verpachtung würden die Landbesitzer vor allem von Syrern als billige Arbeitskräfte profitieren, sagt Stallwood. Auf dem regionalen Arbeitsmarkt ist kein Platz. Die Libanesen konkurrieren mit den Flüchtlingen um die wenigen Jobs. "Das führt zu Spannungen", sagt Stallwood. Um sich die Miete für ein Planenzelt leisten zu können, seien die Flüchtlinge daher gezwungen, für sehr wenig Geld auf den Feldern der Campbesitzer zu arbeiten. Dieses "System der Ausbeutung" nutzen dann wiederum die Schleuser: "Viele Menschen zieht es weiter nach Europa."
Stallwood erlebt den Libanon als ein Land, dem man selbst 25 Jahre später noch seine eigene Bürgerkriegsgeschichte ansieht. "In Beirut sieht man noch häufig Einschusslöcher in den Fassaden der Häuser", sagt er. Man habe ihm erzählt, dass man die Löcher nicht entferne, damit sie als Mahnmal für alle Zeit sichtbar seien. Kämpfer des Islamischen Staats bringen den Beton durch Selbstmordattentate erneut zum Bersten.
Der Konflikt in Syrien könnte laut Einschätzung mehrerer Experten noch viele Jahre andauern. Michael-Ron Stallwood will sich solange weiter engagieren und so vielen Flüchtlingen wie möglich eine Schulbildung ermöglichen. "Mit jedem Schritt, den ein Mensch geht, verändert er die Welt", sagt Stallwood: "Es liegt an einem selbst, in welcher Weise man das tut."
TV-Leser können die Schule für syrische Flüchtlingskinder im Libanon als Meine-Hilfe-zählt-Projekt unterstützen. Die Projektnummer lautet 25558. Mehr Infos siehe Extra.
volksfreund.de/meinehilfeExtra

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Foto: Philipp Breu (h_st )
 Der Trierer Projektmanager Michael-Ron Stallwood (Mitte, sitzend) spricht im Libanon mit syrischen Flüchtlingen über ihr Leben nach der Flucht.

Der Trierer Projektmanager Michael-Ron Stallwood (Mitte, sitzend) spricht im Libanon mit syrischen Flüchtlingen über ihr Leben nach der Flucht.

Foto: (h_st )

Per Banküberweisung an "Meine Hilfe zählt", Konto 220012, Sparkasse Trier (BLZ 58550130), IBAN: DE47585501300000220012 oder Konto 191919 bei der Volksbank Trier (BLZ 58560103), IBAN: DE67585601030000191919 Im Verwendungszweck bitte immer die vier- oder fünfstellige Projektnummer angeben, damit die Spende auch dem gewünschten Zweck zufließen kann. Spenden ohne Projektangabe fließen in einen gemeinsamen Topf, der unter allen Initiativen verteilt wird. Falls eine Veröffentlichung des Spendernamens im TV gewünscht wird, bitte ein "X" auf dem Überweisungsformular eintragen. Bis zu einer Summe von 200 Euro wird der Einzahlungsbeleg als Spendenquittung anerkannt. Ist eine separate Quittung erwünscht, bitte Adresse angeben. Hat ein Projekt bereits vor Buchung der Spende das Spendenziel erreicht, kommt der Betrag anderen "Meine-Hilfe-zählt"-Projekten zugute. Online: Unter volksfreund.de/meinehilfe Projekt auswählen, Spendenbutton anklicken, abgefragte Daten eingeben. Jede Spende wird zu 100 Prozent weitergeleitet, der Trierische Volksfreund trägt die kompletten Transferkosten. red

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