Dreyer beklagt "Hysterie" in der Integrationsdebatte

Die rheinland-pfälzische Sozialministerin Malu Dreyer (SPD) sieht in der aktuellen Debatte um die Integration von Menschen mit ausländischen Wurzeln Anzeichen von "Hysterie". Es gebe aber auch Handlungsbedarf.

 Malu Dreyer.TV-Foto: F. Vetter

Malu Dreyer.TV-Foto: F. Vetter

Mainz. (fcg) Im TV-Interview äußert sich Dreyer auch zum jüngsten Vorschlag von CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner, vor der Einschulung von Kindern verbindliche Sprachtests einzuführen. Klöckner hatte gefordert, das letzte Kindergartenjahr müsse als Vorschuljahr verpflichtend sein. Nur wer dann den "Sprach-Tüv" bestehe, sei reif für die Schule.

Frau Dreyer, Thilo Sarrazin hat mit seinem Buch "Deutschland schafft sich ab" eine Integrationsdebatte ausgelöst. Sehen Sie auch in Rheinland-Pfalz Probleme bei der Integration von Migranten?

Malu Dreyer: In Rheinland-Pfalz gibt es ein gutes Miteinander von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Gleichwohl gibt es auch bei uns Handlungsbedarf, beispielsweise bei der Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt, die wir gemeinsam anpacken. Ausdruck findet das in unserem Integrationskonzept, dessen zentrale Ziele die gleichberechtigte Teilhabe von Migranten in allen Lebensbereichen, die Intensivierung des gesellschaftlichen Dialogs und die Mitwirkung von Menschen mit Migrationshintergrund an allen politischen Entscheidungen sind. Eines kommt mir in der teils fast hysterisch geführten Debatte zu kurz, nämlich die große Bedeutung, die Migranten für den Wiederaufbau und die Entwicklung unseres Landes haben.

Teilen Sie die Ansicht, dass Ihr Parteifreund Sarrazin aus der SPD ausgeschlossen werden sollte und für den Bundesbankvorstand untragbar geworden ist?

Dreyer: Das entscheiden die zuständigen Gremien.

CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner fordert Sprachtests vor der Einschulung von Kindern. Wie bewerten Sie das?

Dreyer: Ich finde manche Vorschläge wirklich erschreckend. Wer Integration ernsthaft will, darf Kinder nicht ausschließen. Sie müssen am schulischen Angebot teilnehmen können, um die Chance zu haben, die Sprache zu lernen. Deshalb setzen wir auf beitragsfreie Kindergärten mit besonderem Sprachangebot für deutsche und ausländische Kinder und Ganztagsschulangebote. Gerade Kinder mit Sprachschwierigkeiten brauchen umfassende Förderung. Extra Personenschutz für Sarrazin: Der wegen seiner muslimkritischen Äußerungen umstrittene Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin tritt in der Öffentlichkeit mit Personenschutz auf. Bei einem Termin in Berlin wurde Sarrazin gestern von vier Leibwächtern des Bundeskriminalamtes begleitet. Als er nach einer Podiumsdiskussion an der Friedrichstraße, begleitet von den Leibwächtern, zu seinem Auto ging, rief ein junger Mann aus einem an der Ampel wartenden Wagen: "Sarrazin, Du Nazischwein." Der SPD-Bundesvorstand will nächste Woche offiziell das Parteiausschlussverfahren gegen Sarrazin einleiten.

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