"Drücken Sie bitte die 2"

Trier · Direkt beim zuständigen Sachbearbeiter anrufen statt bei einer anonymen Service-Nummer: Das Leipziger Verwaltungsgericht hat geurteilt, dass ein Jobcenter die entsprechenden Durchwahlnummern herausgeben muss. In der Trierer Arbeitsagentur sieht man keinen Bedarf dafür.

Trier. Wer bei der Trierer Arbeitsagentur anrufen will, der landet zunächst mal in einer Warteschleife. "Willkommen in Ihrer Agentur für Arbeit", wird der Anrufer von einer weiblichen Tonbandstimme begrüßt.
"Wenn Sie Fragen rund um Thema Arbeitslosengeld 2 haben, auch bekannt unter Hartz IV, drücken Sie bitte die 2, bei Kindergeld die 5, bei allen anderen Angelegenheiten die 8", lautet die mechanische Anweisung.
Wer diese befolgt wird dann von einem freundlichen Mitarbeiter der Arbeitsagentur begrüßt, der aber nicht in Trier sitzt, sondern in einem zentralen Callcenter, das für mehrere Arbeitsagenturen zuständig ist. Direkt bei einem Mitarbeiter der Trierer Agentur kann man nicht anrufen, eine Liste mit Durchwahlnummern gibt die Behörde nicht heraus.
Muss sie aber, hat vergangene Woche das Leipziger Verwaltungsgericht entschieden. Eine Anwaltskanzlei, die zahlreiche Empfänger von Arbeitslosengeld vertritt, hatte das Jobcenter in Leipzig verklagt. Das Gericht gab den Klägern recht. Das Jobcenter müsse die Liste mit den Durchwahlnummern der Mitarbeiter mit Bürgerkontakt herausgeben. Im noch nicht rechtskräftigen Urteil beriefen sich die Richter auf das Informationsfreiheitsgesetz (siehe Stichwort).
Hat das Urteil Konsequenzen für die Trierer Arbeitsagentur? "Die Standards für die Herausgabe von Telefonnummern bei den Arbeitsagenturen sind bundesweit einheitlich organisiert und gewähren eine bestmögliche Erreichbarkeit für unsere Kunden", sagt Isabell Juchem, Sprecherin der Trierer Behörde. Es gebe zwei Service-Nummern, eine für Arbeitnehmer und eine für Arbeitgeber. Diese seien durchgängig von 8 bis 18 Uhr erreichbar. In dem Servicecenter würden Kundenanfragen "kanalisiert und an den richtigen Ansprechpartner bei der Arbeitsagentur vor Ort weitergeleitet", erklärt Juchem. "Die zuständigen Sachbearbeiter und Vermittler verbringen einen Großteil ihrer Arbeitszeit in Kundengesprächen. Hier widmen sie die volle Aufmerksamkeit ihren Kunden, so dass sie parallel keine Telefonanrufe entgegennehmen können." Der Anruf der kostenpflichtigen 01801-er Nummer gewährleiste, "dass die Vermittler und Berater im persönlichen Kundengespräch sich voll und ganz auf die Bedürfnisse ihrer Kunden konzentrieren können, gleichzeitig Kunden zu jeder Zeit die Arbeitsagentur erreichen und Anliegen an uns richten können."
Wer mit einem Vermittler vor Ort reden möchte, dem werde ein Rückruf innerhalb der nächsten 48 Stunden - in dringenden Fällen innerhalb von 24 Stunden - garantiert.
Verbraucherschützer raten trotzdem dazu, auf der Durchwahlnummer des zuständigen Mitarbeiters zu bestehen. "Oft lassen sich so Missverständnisse ausräumen und Fehler vermeiden", heißt es etwa bei der Stiftung Warentest. Das Informationsfreiheitsgesetz gelte für alle Bundesbehörden und damit auch für alle Hartz-IV-Behörden.
Und wie halten es andere Behörden? Etwa das Trierer Finanzamt? Man sei ein "offenes Haus", sagt Behördensprecher Jost Löns. Alle Mitarbeiter seien für Bürger telefonisch erreichbar, seit Jahren sei das vollständige Telefonverzeichnis auf der Internetseite des Finanzamts eingestellt (unter Ansprechpartner). "Ein Abschirmen der Bediensteten würde unserem Servicegedanken widersprechen", sagt Löns. Auch die Durchwahlnummern der Mitarbeiter von Rathäusern oder Kreisverwaltungen in der Region sind in der Regel auf den jeweiligen Internetseiten zu finden.Extra

Das Informationsfreiheitsgesetz, das seit 2006 gilt, sieht vor, dass jeder "gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen" hat. Zu diesen amtlichen Informationen zählt nach Ansicht der Leipziger Verwaltungsrichter auch die Telefonliste mit den Durchwahlnummern der Mitarbeiter des Jobcenters in Leipzig. Zehn von 16 Bundesländern haben darüber hinaus eigene Landesgesetze zur Informationsfreiheit verabschiedet. Auch Rheinland-Pfalz. Das Gesetz soll "die Transparenz der Verwaltung vergrößern", heißt es im Landesgesetz. Es gilt für alle Landes- und Kommunalbehörden. Amtliche Informationen sind demnach "alle dienstlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen". wie

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