Dutzende Zeugen: Nervenarzt droht Mammutprozess in Trier

Trier · Vor dem Trierer Landgericht droht ein mehrjähriger Prozess: Angeklagt ist der Trierer Nervenarzt Peter Binz wegen Abrechnungsbetrug in 2800 Fällen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 69-Jährigen vor, über 100.000 Euro falsch abgerechnet zu haben.

(wie) Seit Mai liegt die Anklage gegen den Trierer Nervenarzt Peter Binz (69) dem Trierer Landgericht vor. Doch noch ist unklar, ob es überhaupt zu einem Prozess gegen den umstrittenen Mediziner kommt. Das Gericht hat noch nicht entschieden, ob die Anklage zugelassen wird, ob also der Verdacht gegen den Arzt ausreichend ist, um einen Prozess zu führen. Binz, der sich bundesweit einen Namen als Gutachter von Chemikalien-Opfern gemacht hat, wird vorgeworfen, Behandlungen falsch abgerechnet und dafür 104.694,52 Euro zu viel von der Kassenärztlichen Vereinigung kassiert zu haben. Würde es zur Verhandlung kommen, dann wäre die dafür zuständige 5. Strafkammer des Landgerichts womöglich Jahre dadurch blockiert. Denn nach über vier Jahren Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft ungewöhnlich viele Zeugen benannt: 80 Patienten, der in der Praxis angestellte Psychologe und die Ehefrau des Arztes sollen belegen, dass Binz sich länger mit ihnen beschäftigt hat, als es die für neurologische und psychologische Behandlungen vorgesehene Honorarordnung vorsieht. Die Vorwürfe betreffen Behandlungen, die teilweise neun Jahre zurückliegen. Hinzu kämen noch Zeugen, die Binz zu seiner Entlastung benennen würde.

500 Patienten in Deutschland wurden bei den Ermittlungen von der Polizei vernommen. Die Ermittler sprechen vom "umfangreichsten" Verfahren, das die Trierer Staatsanwaltschaft je geführt hat. Die Anklageschrift umfasst 200 Seiten, zehn Mal mehr als üblich. Um es nicht zum Prozess kommen zu lassen, hat die Staatsanwaltschaft Binz angeboten, den Schaden und dazu 20.000 Euro an die Staatskasse zu zahlen.

Darauf ließ sich der Arzt nicht ein: "Ich habe ja nichts verbrochen", sagt Binz. Sein Anwalt, Rainer Hülsmann aus Trier, spricht von einer "diffusen Strafanzeige". Binz habe sich nicht bereichert. Der angebliche Abrechnungsbetrug sei durch das komplexe ärztliche Abrechnungssystem entstanden.

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