Eher nur geduldet: Frauen haben in der Bundeswehr noch immer einen schweren Stand

Berlin · Seit 25 Jahren gibt es Frauen in der Bundeswehr, seit 15 Jahren auch im Dienst an der Waffe. Sie stellen heute zehn Prozent aller Soldaten. Und trotzdem herrscht noch längst keine Normalität. Im Gegenteil: Eine gestern veröffentlichte Studie ergab, dass die Vorbehalte der männlichen Soldaten gegen ihre Kameradinnen gewachsen sind.

Die Ergebnisse der vom Verteidigungsministerium selbst in Auftrag gegebenen Befragung sind Futter für Ursula von der Leyens Vorhaben, die Armee attraktiver und familienfreundlicher zu machen.
Nur noch 57 Prozent der Soldatinnen würden sich heute wieder für den Militärberuf entscheiden. Im Jahr 2005 waren es noch 66 Prozent gewesen. 24 Prozent der Frauen würden den Dienst sogar gern vor Ablauf quittieren, mehr als doppelt so viel wie in der vorhergehenden Studie (elf Prozent). Und nur ein Drittel der Soldatinnen würde einer Freundin empfehlen, ebenfalls zur Armee zu gehen. Die Studie zeige, meinte die Verteidigungsministerin, dass man mit der geplanten "Attraktivitätsoffensive" auf dem richtigen Weg sei.

Mindestens zwei Ansatzpunkte dafür lassen sich in der Untersuchung finden. Zum einen das Denken der Männer. 15 bis 25 Prozent von ihnen haben, so der Forscher Gerhard Kümmel, der die Befragung durchführte, ein grundsätzliches Problem mit Frauen in der Bundeswehr. Sie wollen sogar, dass die Integration von Frauen wieder ganz zurückgedreht wird, oder wenigstens, dass Soldatinnen wie vor 2000 nur bei den Sanitätern Dienst tun dürfen. Offenbar gibt es massive Abneigung und Neid. So sagen 32,6 Prozent der Männer, dass Frauen von Vorgesetzten besser behandelt würden, 62 Prozent, dass sie bessere Karrierechancen hätten, und 51 Prozent, dass sie zu positiv beurteilt würden.

Diese Werte haben alle gegenüber 2005 deutlich zugenommen, ebenso wie die Männer-Ansicht, dass die Bundeswehr durch die Frauen an Kampfkraft verliere (sagen 35,8 Prozent der Männer). Und selbstverständlich blühen auch die anderen Vorbehalte, zum Beispiel, dass Frauen dem harten Leben im Feld nicht gewachsen seien (34 Prozent), körperlich für gewisse Aufgaben ungeeignet seien (52,1 Prozent) oder dauernd beschützt werden müssten (22,2 Prozent). Die Soldatinnen sehen ihre Leistungen im Vergleich zu allen Kameraden hingegen als durchschnittlich an, sogar eher etwas über dem Durchschnitt. Und sie finden nicht, dass sie in irgendeiner Weise bevorzugt werden.

Neben der Ablehnung, die sie durch die Männer erfahren, sind wohl auch objektive Gründe für die sinkende Zufriedenheit der Soldatinnen ausschlaggebend. Nur 51,3 Prozent finden ihren Beruf mit der Familie vereinbar. Das ist ein massiver Rückgang gegenüber 2005 um 15 Prozentpunkte. Und 54,9 Prozent (plus 3,5 Prozentpunkte) berichten von Partnerschaftskrisen aufgrund des Dienstes. Außerdem gibt es offenbar auch ein erhebliches Maß an sexistischer Anmache. Von derben Witzen in ihrer Gegenwart berichten 48 Prozent der Soldatinnen und jeweils rund ein Viertel gibt an, dass sie mit pornografischen Darstellungen konfrontiert oder sexuell berührt worden sind. Direkte Vergewaltigungen haben drei Prozent erlebt. Das wären hochgerechnet auf die 18 500 Frauen, die derzeit in der Armee Dienst tun, über 500 Fälle. Befragt wurden 3000 Soldatinnen und 1800 Soldaten im Zeitraum August bis Oktober 2011.

Die komplette Studie auf
www.bmvg.de

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