Eifeler SPD-Genossen suchen auf ungewöhnliche Art Bundestagskandidat

Trier · Mit einer Stellenanzeige sucht die Bitburg-Prümer SPD einen geeigneten Kandidaten für die Bundestagswahl im kommenden Jahr. Auch Nichtmitglieder dürfen sich bewerben. Geht den Genossen der Nachwuchs aus?

Eifeler SPD-Genossen suchen auf ungewöhnliche Art Bundestagskandidat
Foto: Klaus Kimmling

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2008 gab es im Wahlkreis Bitburg unter den Genossen ein regelrechtes Gerangel. Mit der ehemaligen Bundestagsabgeordneten Elke Leonhard sowie Jens Jenssen und Nico Steinbach wollten gleich drei SPD-Bewerber für ihre Partei ins Rennen um das Direktmandat gehen. Am Ende entschied ein Parteitag.

Das wird auch dieses Mal wieder so sein. Ende November treffen sich in Bitburg die SPD-Delegierten aus dem Wahlkreis 203, um ihren Kandidaten für die Bundestagswahl im Herbst nächsten Jahres zu bestimmen. Sicher ist am Ende nur: Wer für die Eifeler SPD an den Start geht, wird es nicht leicht haben. Denn mit dem bereits sicheren Gegenkandidaten Patrick Schnieder geht für die CDU ein echtes politisches Schwergewicht ins Rennen. Mit satten 30 Prozentpunkten Unterschied schlug "Eifelturm" Schnieder bei der jüngsten Bundestagswahl seinen SPD-Kontrahenten Jens Jenssen.

Wer bei der nächsten Wahl für die Genossen antreten wird, ist noch offen. Ziemlich offen sogar. Denn anders als bei den zurückliegenden Bundestagswahlen, bei denen für die Eifeler SPD alte Haudegen wie die Manderscheiderin Elke Leonhard oder der Dauner Nachwuchspolitiker Jens Jenssen an den Start gingen, steht hinter dem Bewerber dieses Mal noch ein großes Fragezeichen.

Klar ist, dass Jens Jenssen kein zweites Mal antreten wird, wie er gestern unserer Zeitung sagte. Er pendele ständig zwischen Berlin, Mainz und der Eifel, eine neuerliche Kandidatur "bekomme ich logistisch nicht mehr hin", sagt Jenssen, der SPD-Fraktionschef im Dauner Kreistag ist.
Ob die Vulkaneifel-SPD überhaupt einen Kandidaten nominiert, ist nach Angaben der Kreisvorsitzenden Astrid Schmitt nicht sicher. Ähnlich äußert sich auch Schmitts Bernkastel-Wittlicher Kollegin Bettina Brück, deren Beritt ebenfalls teilweise im Wahlkreis Bitburg liegt.

So dürfte der Fokus bei der SPD-Kandidatensuche dieses Mal im Eifelkreis Bitburg-Prüm liegen. Der dortige Parteivorsitzende Nico Steinbach hat im März landesweit für Schlagzeilen gesorgt, als er dem Kaschenbacher CDU-Landtagsabgeordneten Michael Billen das Direktmandat abluchste. Die pfiffige Idee des 32-Jährigen: Steinbach setzte bei seiner Kampagne voll und ganz auf das Direktmandat, warb damit, dass sein CDU-Kontrahent ja über die Liste abgesichert sei und damit den Sitz im Landtag schon in der Tasche habe. Nico Steinbachs Rechnung ging auf, was sein Selbstbewusstsein eher gestärkt haben dürfte.

Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass der aus dem nördlich von Bitburg gelegenen 150-Seelen-Dorf Oberweiler stammende Steinbach vor seinem jüngsten Coup gar nicht erst das Okay aus der Mainzer Parteizentrale eingeholt hat. Womöglich hätten SPD-Chef Roger Lewentz oder sein General Daniel Stich ihm dann davon abgeraten.

Dabei dürfte auch Steinbachs neueste Idee ihm wieder landesweit Schlagzeilen einbringen. Mit einer bislang nur im Internet geschalteten Stellenanzeige sucht der SPD-Kreisverband Bitburg-Prüm einen Kandidaten für die Bundestagswahl im nächsten Jahr.

Jahrelange Mitgliedschaft in der SPD oder die Ochsentour durch sämtliche Parteigremien und -hierarchien müssen die Bewerber nicht mitbringen. Dafür sollten sie sich für "die Sache" einsetzen und mit "Gegenwind" umgehen können, heißt es in der Stellenanzeige, ohne dass näher erläutert würde, was damit gemeint ist. Motivation, Aufgeschlossenheit, politisches Interesse und den Willen, etwas anzupacken und zu gestalten, sollten die Bewerber ebenfalls aufweisen können. Wer sich davon angesprochen fühlt, kann sich bis Mitte September bei der Eifelkreis-SPD bewerben - per E-Mail. "Jede Bewerbung hat eine realistische Chance", sagt Parteivorsitzender Nico Steinbach, es gebe "keinen gesetzten Kandidaten". Nach Bewerbungsende werde der SPD-Vorstand einen oder mehrere Personalvorschläge machen und diese dann den Gremien präsentieren. Am Ende entscheide dann die SPD-Wahlkreiskonferenz, sagt Steinbach.

Die Idee garantiere erhebliche mediale Aufmerksamkeit, meint der Trierer Politikprofessor Uwe Jun. Der Wissenschaftler sieht allerdings die Gefahr, dass die politische Konkurrenz das ungewöhnliche Auswahlverfahren ausnutzen könnte, um auf das schwache Kandidatenpolster der SPD zu verweisen. Nico Steinbach kann das nicht abschrecken. "Wir betreten mit dem Verfahren unerforschtes Neuland", sagt der SPD-Mann, "aber gerade darin liegt der Reiz."

EXTRA

Bis zur nächsten Bundestagswahl dauert es noch. Der genaue Wahltermin steht noch nicht fest, er liegt zwischen dem 23. August und dem 22. Oktober 2017. Derzeit kommen sechs der 630 Bundestagsabgeordneten aus der Region Trier.
Deutschland ist in 299 Wahlkreise aufgeteilt. 15 gibt es in Rheinland-Pfalz, drei Wahlkreise liegen in der Region Trier.

In allen drei Wahlkreisen - Bitburg, Trier, Mosel/Rhein-Hunsrück - hat die CDU vor drei Jahren sicher das Direktmandat gewonnen. In Bitburg gewann Patrick Schnieder, an der Mosel Peter Bleser und in Trier Bernhard Kaster. Schnieder und Bleser treten wieder an, Kaster nicht. Über seine Nachfolge berät derzeit eine sechsköpfige Findungskommission. Klar ist inzwischen: Der Trie8rer CDU-Bewerber wird ein Eigengewächs sein. Das verlautete aus Kommissionskreisen. Landrat Günther Schartz oder die Saarburgerin Simone Thiel sind demnach kein Thema; der Pellinger Andreas Steier könnte eines sein. Die Herausforderung: Der oder die Bewerber(in) aus dem Raum Trier muss 2017 gegen SPD-Generalsekretärin Katarina Barley antreten.

Wen die SPD im Wahlkreis Mosel/Rhein-Hunsrück an den Start schickt, ist ebenfalls noch offen. Die Chancen des Bewerbers dürften ohnehin überschaubar sein. Bei der vergangenen Wahl lag CDU-Staatssekretär Peter Bleser mit knapp 26 Prozentpunkten vorn. sey

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