Ein absolut sicheres Objekt

MAINZ. Beste Lage im Regierungsviertel, kompakte Bebauung und ein Gebäudekomplex mit eigenem Charakter: Was Immobilien-Fachleute normalerweise begeistert, ist in Mainz kein einfacher Fall. Ein 100 Jahre altes Gefängnis soll an den Mann gebracht werden.

 Erstklassige Lage, historische Bausubstanz, derzeit zu haben: Das ehemalige Mainzer Gefängnis steht zum Verkauf.Foto: Landesbetrieb Baubetreuung

Erstklassige Lage, historische Bausubstanz, derzeit zu haben: Das ehemalige Mainzer Gefängnis steht zum Verkauf.Foto: Landesbetrieb Baubetreuung

DieSchaufassade ist monumental gegliedert, doch ein Blick um dieEcke zum Haupteingang zeigt, dass es etwas besonderes auf sichhat mit dem dunklen Bau zwischen dem modernisierten Finanz- unddem altehrwürdigen Justizministerium. Eine mit Stacheldrahtbewehrte hohe Mauer und ein schweres Tor schirmen den Vorhof ab.Nicht gerade ein Anblick, der auf den ersten Blick beeindruckt. Bis vor kurzem Platz für 300 Bewohner

Wenig begeistert werden wohl auch die rund 300 Insassen des Gefängnisses gewesen sein, die durch kleine Fenster und schwedische Gardinen nur einen sehr überschaubaren Innenhof sehen oder einen äußerst begrenzten Blick zum Himmel genießen konnten. Für Heinz-Günter Sowart vom Landesbetrieb Baubetreuung (LBB) zählen andere Dinge, die das seit vier Monaten geräumte Gebäude für Investoren interessant machen. "Die beste Lage ist entscheidend", sagt der Architekt und Portfolio-Manager: Eine Immobilie, inmitten des Regierungsviertels, direkt neben den Gerichten, ein Steinwurf vom Schloss und nur ein paar Schritte vom Rhein entfernt. Dazu eine erstklassige Raumnutzung, wie sie heute gar nicht mehr genehmigungsfähig wäre auf dem knapp 3300 Quadratmeter großen Grundstück.

Der insgesamt sechsgeschossige Block bietet 44 000 Kubikmeter umbauten Raum. Nach der Verkaufsausschreibung im Dezember meldeten sich drei Interessenten. Mit einem Investor wird nun gezielt verhandelt. Offenbar ist man beim Landesbetrieb guter Dinge, bis zum Sommer zu einem Ergebnis zu kommen.

Eisernes Schweigen herrscht zu den Preisvorstellungen. Klar ist gleichwohl, dass der künftige Eigentümer tief in die Tasche greifen muss. Die Statik ist erheblich nachzurüsten und je nach Nutzung muss kräftig entkernt werden. Aus rund acht Quadratmeter großen Zellen sind im Handumdrehen weder Büros noch Wohnungen oder Studentenbuden zu machen, wie vereinzelt einmal vorgeschlagen wurde. Da bereits lange vor dem Umzug der Justizvollzugsanstalt ins rheinhessische Wöllstein das Ende des veralteten Mainzer Knasts feststand, wurde seit Jahren nur noch das Unvermeidliche ausgebessert. Mehr als zehn Millionen Euro werden jetzt für eine Generalsanierung fällig werden.

Dass es auch in Mainz inzwischen ein Überangebot an Büroflächen gibt, macht das Geschäft für den LBB, der insgesamt 1800 landeseigene Grundstücke verwertet oder betreut, nicht leichter. Chancen haben Immobilien mit einem eigenen Charakter, geben sich die LBB-Manager optimistisch. Und davon hat der Bau schließlich einiges zu bieten. Sollte er dennoch nicht zu einem akzeptablen Preis an den Mann gebracht werden, laufen parallel auch Planungen für einen Einzug von Landesbehörden, die bisher in fremden Mietobjekten untergebracht sind. "Wir wollen eine dem Regierungsviertel angemessene Nutzung", betont Sowart.

Würdiger Bestandteil beim Schlossplatz-Ausbau

Ein Justizgebäude mit Provinzialarresthaus war 1903 im Architektenwettbewerb ausgeschrieben und 1908 in Betrieb genommen worden. Von außen sollte das Arresthaus nicht als Gefängnis erkennbar sein, um ein würdiger Bestandteil im Ausbau des Schlossplatzes zu werden. Nun steht der Bau mit seinen umfangreichen Pfeiler-Risaliten und Gesimsen aus Sandstein unter Naturschutz, was automatisch weitere Auflagen mit sich bringt. "Die Schwere und Wucht ihrer Gestaltung" gibt der Gebäudegruppe den gewünschten würdigen Charakter, wie in der Denkmaltopographie anerkennend festgestellt wird. Gefängnis und Gericht sind mit Verbindungsgängen über- und unterirdisch verbunden. Ein idealer Standort etwa für Anwaltskanzleien, die den kurzen Weg zum Gericht suchen. Einzigartig ist der Mainzer Knast aber keineswegs im Angebot der LBB. In Kaiserslautern steht ebenfalls ein Gefängnis zum Verkauf, dessen Insassen in die neue JVA nach Wöllstein "abgewandert" sind. Doch das Objekt ist nicht so spektakulär, meint Sowart. Dort könnte im Zweifelsfalle auch abgerissen werden, hat sein Chef schon mal angedeutet. In Mainz handelt es sich dagegen um ein "Revitalisierungsobjekt", wie das Expose wissen lässt.

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