Ein EU-Großverlag hat Geburtstag

LUXEMBURG. Das Amt für amtliche Veröffentlichungen der EU wird 50 Jahre alt. Heute wird dieser Geburtstag gefeiert.

Der große Verlag aus dem kleinen Großherzogtum Luxemburg ist dem Euro-Bürger unbekannt. Und doch ist der Verlag eines der größten Unternehmen seiner Branche in der Europäischen Union, ohne den jenes komplizierte Geflecht der europäischen Zusammenarbeit nicht funktionieren würde. Das Medien-Unternehmen nennt sich schlicht Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften und ist sozusagen das offizielle Verlagshaus der EU. Sein Hauptprodukt, das ohne reißerische Schlagzeilen und knallige Fotos auskommt und dessen Lektüre nicht der Freizeit-Kurzweil dient, ist das Amtsblatt der Europäischen Union (so heißt es seit 1. Februar 2003). Und das feiert seinen 50. Geburtstag. Vor einem halben Jahrhundert (genau am 30. Dezember 1952) erschien es erstmals als Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), dem Vorläufer der Europäischen Union, in den damals vier offiziellen Sprachen Deutsch, Französisch, Italienisch sowie Niederländisch. Der Umfang war - gemessen am heutigen werktäglichen Volumen - überaus bescheiden: Das "Journal officiel" - wie es damals hieß - zählte eben mal acht Seiten! Schon 1968 wurden in einem Jahr rund 37 000 Seiten an offiziellen Gesetzestexten publiziert. Und im vergangenen Jahr verlegte das Amt für amtliche Veröffentlichungen 705 262 Amtsblatt-Seiten in elf Sprachen in 954 Nummern und 6750 weitere Verlags-Titel mit insgesamt 567 243 Seiten. Das Amt hält 40 Millionen Titel abrufbereit in seinem Lager vor, 52 Millionen Einzeltitel wurden 2002 abgesetzt. Nicht nur alle Gesetzestexte und Verordnungen werden im Amtsblatt veröffentlicht (sie erlangen erst nach Erscheinen Gesetzeskraft), sondern auch alle öffentlichen Aufträge in den EU-Ländern mit einem Mindestwert von 200 000 Euro (bei Bauaufträgen: fünf Millionen Euro) werden dort ausgeschrieben: Hohe Transparenz also für alle, die sich um den Auftrag bewerben wollen. Bei der Aufbereitung der Aufträge arbeiten Spezial-Dienstleister mit. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Luxemburger Firma Euroscript, ein Tochter-Unternehmen der Unternehmens-Gruppe "Saarbrücker Zeitung". Euroscript wird in den nächsten fünf Jahren das entsprechende Supplement zum EU-Amtsblatt betreuen. Der Vertrag über ein Volumen von 90 Millionen Euro wurde im Dezember 2002 in Luxemburg unterzeichnet. Längst hält das Amt seine Veröffentlichungen außer in der traditionellen Papierform auch digital bereit: Sowohl im Internet ( http://europa.eu.int/eur-lex/) als auch als CD-ROM. Und mit der Erweiterung der EU zum 1. Mai 2004 wird der Umfang der Veröffentlichungen deutlich wachsen, denn die Texte müssen auch in den Sprachen der neuen Beitrittsländer aufbereitet werden. Dann wird das Amtsblatt täglich in zwanzig Sprachen produziert: Eine in der Verlagsbranche weltweit einzigartige Vielfalt! Wöchentlich vergibt das Amt für amtliche Veröffentlichungen Aufträge im Wert von einer Million Euro an Druckerei und Vertriebsgesellschaften, erklärte der Ire Thomas Cranfield in Luxemburg, der das EU-Verlagshaus leitet. Cranfields Amt verfügt immerhin über ein Jahres-Budget von 72 Millionen Euro. Die steigende Zahl der EU-Länder und die größere Zahl von Versionen der Amtsblätter bedeutet auch mehr Arbeitsplätze. So soll die Zahl der Mitarbeiter im Amt für amtliche Veröffentlichungen von 520 auf etwa 900 bis zum Jahr 2006 steigen. Heute wird der 50. Amtsblatt-Geburtstag mit einem internationalen Kolloquium auf dem Luxemburger Kirchberg gefeiert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort