"Ein notorischer Betrüger"

TRIER. Weil er andere Leute reihenweise übers Ohr gehauen haben soll, hat die Staatsanwaltschaft einen 53 Jahren alten Trierer Geschäftsmann angeklagt. Pikant ist der Fall, weil der in Untersuchungshaft sitzende Angeklagte kein Unbekannter ist: Vor zweieinhalb Jahren wurden Berthold R. und seine Ehefrau Opfer einer spektakulären Geiselnahme.

Das Jahr 2002 wird Berthold R. wohl für den Rest seines Lebens in unangenehmer Erinnerung behalten: Erst kamen die Geiselgangster, dann die Steuerfahnder, und zuletzt, da war das Jahr schon fast zu Ende, stand der damals 51-Jährige selbst als Angeklagter vor dem Kadi und wurde verknackt - als mehrfacher Betrüger, Urkundenfälscher und falscher Doktor. Doch der Reihe nach: An die spektakuläre Geiselnahme im Trierer Süden vor zweieinhalb Jahren werden sich noch viele erinnern. Es war Mitte Juni, da sperrten Polizei und Spezialeinsatzkräfte plötzlich um die Mittagszeit einen halben Stadtteil ab. Scharfschützen postierten sich auf den umliegenden Dächern, die großen Nachrichtensender schalteten halbstündlich live nach Trier. Hintergrund des polizeilichen und medialen Großaufgebots war die Geiselnahme des Ehepaars R. in dessen Wohnhaus in der Südallee. Berthold R. war damals die Flucht gelungen, als er mit einem Gangster zur Bank fuhr, um das geforderte Geld abzuheben. Als die Polizei Stunden später das Wohnhaus stürmte, waren die Kriminellen schon über alle Berge. Bertholds Ehefrau hatten die Täter im Badezimmer eingesperrt, sie wurde unverletzt befreit.In U-Haft wegen Fluchtgefahr

Weil sich die Gangster nicht besonders geschickt angestellt hatten, wurden sie kurz nach dem Überfall geschnappt und später zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Hintergrund der Tat waren angebliche Schulden Berthold R.s, die die Gangster in bester Russisch-Inkasso-Manier eintreiben wollten. Drei Tage nach der Geiselnahme folgte für den gelernten Banker der nächste Schock: Frühmorgens wurden Berthold R. und seine Ehefrau von vier Steuerfahndern und drei Kripobeamten aus dem Bett geklingelt. Hintergrund der Durchsuchungsaktion: Steuerschulden. Wie sich sechs Monate später herausstellte, stand Vorruheständler Berthold R. nicht nur beim Fiskus in der Kreide, sondern auch noch bei diversen anderen Gläubigern. Wegen mehrfachen Betrugs, Urkundenfälschung und Titelmissbrauchs verurteilte ihn das Trierer Amtsgericht Anfang Dezember zu einer 21-monatigen Bewährungsstrafe. Der erhobene Zeigefinger des Richters nutzte offenbar wenig: Zwei Jahre nach der damaligen Verurteilung steht Berthold R. demnächst als Angeklagter wieder vor dem Kadi. Etliche Leute soll der heute 54-Jährige übers Ohr gehauen haben - vom Schlosser über den Immobilenmakler bis zum Rechtsanwalt. Darüber hinaus soll sich R., der wohl nie eine Universität von Innen gesehen hat, abermals mit einem falschen Doktor-Titel geschmückt haben. "Ein notorischer Betrüger", heißt es bei der Trierer Staatsanwaltschaft. Weil Berthold R. zudem ständig seinen Wohnsitz wechselt, ist den Trierer Ermittlern die Sache zu heikel geworden: Wegen Fluchtgefahr sitzt der Betrüger seit Ende August in Untersuchungshaft.

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