Ein paar Ausnahmen und ziemlich viel Verwirrung
Trier · Muss die widerspenstige Region Trier eine Biotonne einführen? Diese Frage dürfte letztlich ein Gericht beantworten. Klar ist aber: Es soll auch in Rheinland-Pfalz Ausnahmen von der Biotonnenpflicht geben. Kuriose Ausnahmen, meinen Kritiker.
Trier. Biotonne? Viele Bürger im Vulkaneifelkreis dürften angesichts der seit Monaten andauernden Diskussion über die Einführung der Tonne nur mit den Schultern zucken. Denn rund um Daun gibt es die Biotonne längst - seit immerhin mehr als zwei Jahrzehnten. Mit keinesfalls so schlechten Erfahrungen, wie dies Kritiker dem auch als Madentonne bezeichneten Behälter gerne unterstellen. Dennoch: Das größte Problem sind auch 21 Jahre nach Einführung der Biotonne noch die Fehlwürfe. Immer noch wird im Vulkaneifelkreis Restmüll über die Biotonne entsorgt, ebenso wie vermeintlich kompostierbare Kunststoffbiobehälter, deren Bestandteile dann nicht verrotten. Ein Problem, das offenbar auch von den Abfallexperten im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium beraten worden ist, bevor zum 1. Januar 2015 (fast) landesweit die Biotonne eingeführt werden wird.
Jedenfalls verschickten die Ministeriellen von Ministerin Eveline Lemke Mitte November einen Rundbrief an sämtliche für die Entsorgung zuständigen Verwaltungen, in dem es auch um das leidige Thema Fehlwürfe geht.
Tenor: Wo das Ziel der Getrenntsammlung "nach den bisherigen Erfahrungen nicht erreichbar erscheint", könne auf die "ansonsten verbindlich und flächendeckend vorzusehende Getrenntsammlung" verzichtet werden. Dabei hatten Lemkes Abfallexperten allerdings nicht den Vulkaneifelkreis im Hinterkopf, sondern "bestimmte Wohnobjekte in sozialen Brennpunkten", wie es in dem Rundschreiben in bestem Behördendeutsch heißt.
Wer das im Einzelfall anhand welcher Kriterien prüfen und festlegen soll, ist in dem Rundschreiben nicht näher erläutert. Es dürfte jedenfalls in einzelnen rheinland-pfälzischen Verwaltungen für mehr Verwirrung als Klarheit gesorgt haben. Denn: Ausnahmen von der Biotonnenpflicht soll es laut dem Schreiben eigentlich nicht geben, nicht einmal für jene Häusle- oder Wohnungsbesitzer, die einen Komposthaufen im eigenen Garten haben.
Das wiederum würde beispielsweise im Vulkaneifelkreis eine Rolle spielen, wenn der Zweckverband Regionale Abfallwirtschaft (RegAb) mit seiner angekündigten Klage gegen die Biotonne Schiffbruch erleiden sollte. Dann müsste spätestens zum 1. Januar 2017 in der gesamten Region Trier das ungeliebte Sammelbehältnis eingeführt werden.
Im Vulkaneifelkreis hat derzeit nur jeder zweite Haushalt eine Biotonne. Wer nämlich angibt, organischen Abfall selbst zu sortieren, ist von der Tonnenpflicht befreit. Noch. Denn in Zukunft wird dies laut dem Rundschreiben aus dem Mainzer Wirtschaftsministerium nicht mehr möglich sein. "Auch im Fall der Eigenkompostierung hat der Entsorgungsträger grundsätzlich eine Biotonne oder ein anderes geeignetes Erfassungsgefäß für den betreffenden Haushalt vorzusehen", heißt es wörtlich in dem Schreiben.
Andernorts scheinen die Behörden pragmatischer zu sein als in Rheinland-Pfalz. In Dreieichenhain im hessischen Landkreis Offenbach etwa ist die Situation derzeit ähnlich wie im Vulkaneifelkreis. Auch dort wird schon jetzt Bioabfall gesondert gesammelt - auf mehr oder weniger freiwilliger Basis. Zum 1. Januar kommt auch in Dreieichenhain die Biotonnenpflicht. Ausnahmen sind allerdings möglich, wenn private Haushalte nachweisen können, dass sie den Bioabfall "ordnungsgemäß und schadlos auf dem eigenen Grundstück verwerten können". Ein Modell auch für Rheinland-Pfalz?Hoffen auf Sieg im Prozess
Im Vulkaneifelkreis könnten viele Verbraucher auch darauf hoffen, dass die vor zwei Jahrzehnten eingeführte Biotonne womöglich bald ganz aus dem Straßenbild verschwindet. Sollte der RegAb den angekündigten Prozess gegen die verpflichtende Einführung der Biotonne gewinnen, würde auch in der Vulkaneifel die braune Tonne wieder abgeschafft. Unterliegt der RegAb, werden die Tonnen wohl ab 2017 auch in der Region Trier überall eingeführt. RegAb-Geschäftsführer Max Monzel beziffert die Mehrkosten auf 3,3 Millionen Euro jährlich, die über die Gebühren von den Bürgern getragen werden müssten.
Im Kreis Offenbach versprechen die Verantwortlichen ihren Bürgern, dass die Gebühren auch nach Einführung der Biotonne nicht erhöht würden. Der Grund: Die Mehrkosten durch zusätzliche Sammlungen würden durch die demnächst geringeren Entsorgungskosten beim Restmüll kompensiert.Extra
Was in eine Biotonne gehört, entscheidet der zuständige Entsorger. Grundsätzlich dürfen aber laut Bioabfallverordnung nicht nur Grünabfälle und Obstreste in der grünen oder braunen Tonne landen. Darin ist laut Bundesumweltministerium auch die Entsorgung von Käse einschließlich der Naturrinde sowie von Fischgräten und Tierknochen in haushaltsüblichen Mengen möglich. Brot und Milchprodukte wie die Reste von Joghurt und Quark dürfen ebenfalls in diese Tonne, Milch selbst aber nicht. Mit Speiseresten sollten es Verbraucher aber nicht übertreiben. dpa