Elternbeirat wettert gegen Land: "Systematische Benachteiligung"
Mainz/Trier · Im Streit um den Wert der Facharbeit an Gymnasien in Rheinland-Pfalz gibt es keine Entspannung. Der Landeselternbeirat geht in die Offensive und fordert vom Bildungsministerium eine Veränderung der "ungerechten Regelung".
Mainz/Trier. Die Mitglieder im Landeselternbeirat sind sauer. Eine Entscheidung aus freiem Willen werde "ad absurdum" geführt, wenn der Verzicht auf die freiwillige Facharbeit "zu einer systematischen Benachteiligung" führe. So deutlich wird das Gremium in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Bildungsministeriums für eine leicht modifizierte Abiturprüfungsverordnung für den neuen Abschlussjahrgang.
"Facharbeit aufwerten"
Weder die Bitte um eine Aufwertung der Facharbeit noch die geforderte Klarstellung im Bezug auf deren Freiwilligkeit ist vom Ministerium aufgenommen worden. Der Landeselternbeirat lehnt die Prüfungsordnung ab und schlägt dem Ministerium zum ersten Mal einen eigenen Änderungstext vor. Es gebe "erheblichen Nachbesserungsbedarf in Bezug auf die Berücksichtigung der Facharbeit".
Zur Erinnerung: Ein Abiturient aus Trier, der keine Facharbeit angefertigt hatte, klagte vor dem Verwaltungsgericht gegen das Land: Bei gleicher Leistung hätte er nach eigener Meinung in den Vorjahren einen besseren Notendurchschnitt erreicht. Eine neue Berechnungsformel habe dies verhindert (der TV berichtete). Sein Argument: Die freiwillige Facharbeit werde in der Broschüre MSS Abi 2014 zwar als Möglichkeit dargestellt, eine Abiturnote zu verbessern. Tatsache sei, dass sich ohne Facharbeit in vielen Fällen die Gesamtnote verschlechtere. Ein komplizierter Sachverhalt, wie auch die Trierer Verwaltungsrichter angedeutet haben. Sie lehnten zwar eine Eilentscheidung für eine bessere Abiturnote ab. Mit Blick auf das Hauptverfahren äußerten sie aber Bedenken gegen die aktuelle Berechnung der Abiturnote in Rheinland-Pfalz.
Das noch laufende Verfahren schwebt über der Diskussion um die Bewertung der Facharbeit und gibt ihr besondere Brisanz. Der Dissens zwischen dem Kultusministerium und der Elternvertretung ist ungewöhnlich deutlich.
Der LEB sieht zudem durch eine eigene Erhebung bestätigt, dass die Facharbeit an den Gymnasien deutlich an Stellenwert verloren hat. Aktuell zwölf Prozent der Abiturienten hätten eine solche Arbeit angefertigt.
Die Hoffnung der Eltern, nach Gesprächen im Ministerium würde das Land den Wert der Facharbeit erhöhen und die aus ihrer Sicht unklaren Formulierungen und Berechnungsformeln für den neuen Abiturjahrgang ändern, werden sich nicht erfüllen.
Das wird aus der Antwort des Bildungsministeriums auf eine TV-Anfrage deutlich: "Für die Broschüre, die den Schülerinnen und Schülern im Schuljahr 2014/2015 ausgegeben wird, bleibt es bei der bisherigen Darstellung", so eine Pressesprecherin. Das Ministerium sehe keine Veranlassung zu Veränderungen, zumal in der Broschüre Beispiele für eine Qualifikation mit und ohne Facharbeit dargestellt seien.
Für nachfolgende Jahrgänge signalisiert das Land allerdings Gesprächsbereitschaft: "Welche Details gegebenenfalls danach geändert werden sollen, wird mit Experten erörtert", so die Ministeriumssprecherin. "Dabei werden die Vorschläge des LEB berücksichtigt." r.n.
Extra
In der Abiturprüfungsordnung dokumentiert das Kultusministerium in schriftlicher Form die aktuellen Rechtsvorschriften für die gymnasiale Oberstufe in Rheinland-Pfalz, die Mainzer Studienstufe (MSS). In der MSS-Broschüre sind alle Regelungen mit Beispielrechnungen beschrieben. Die Broschüre wird jährlich überarbeitet und dient Schülern, Lehrern und Eltern als Leitfaden. r.n.