Elterngeld bringt mehr Väter an den Wickeltisch

Trier · Derzeit wird wieder über den Sinn und den Erfolg des vor fünf Jahren eingeführten Elterngelds diskutiert. Dabei sind sich Experten längst einig: Die staatliche Unterstützung für junge Eltern ist in erster Linie dafür da, ihnen mehr Zeit für Kinder zu schaffen, ohne in ein finanzielles Loch zu fallen. Elterngeld ist aber nicht dafür da, die Geburtenzahl zu erhöhen.

 Dank des Elterngelds nehmen immer mehr Männer die Möglichkeit in Anspruch, in Elternzeit zu gehen. Foto: dpa

Dank des Elterngelds nehmen immer mehr Männer die Möglichkeit in Anspruch, in Elternzeit zu gehen. Foto: dpa

Trier. Nicht mehr Kinder, aber mehr Väter: Seit es das Elterngeld gibt, hat sich die Zahl der Geburten nicht erhöht. Aber die Zahl der berufstätigen Väter, die mindestens zwei Monate den Job gegen den Wickeltisch tauschen, ist größer geworden. Auch in der Region.
In Trier stammten im vergangenen Jahr insgesamt 24 Prozent der genehmigten Elterngeldanträge von Vätern. Im Eifelkreis Bitburg-Prüm lag der Anteil der Väter, die Elterngeld bekommen, immerhin bei 13,5 Prozent. Genau darin sieht die rheinland-pfälzische Familienministerin Irene Alt (Grüne) einen Erfolg in der seit 2007 gewährten staatlichen Unterstützung für junge Familien: "Das Elterngeld hat einen enormen, gesellschaftlichen Wandel bewirkt, indem es die Väter wieder zu einem Teil der Familie gemacht hat." Inzwischen würden Väter nur noch selten belächelt, wenn sie für ihre Kinder zu Hause blieben, sagt Alt.
Laut einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist der Anteil der Väter, die seit der Einführung des Elterngelds mindestens zwei Monate aus dem Job aussteigen, jedes Jahr stetig gestiegen und liegt mittlerweile bei fast 25 Prozent. Danach verbringen Väter in Elternzeit deutlich mehr Zeit mit ihren Kindern als Väter, die auf die bezahlte Job-Auszeit verzichten.
Sinn des Elterngelds sei es, den Eltern zu ermöglichen, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, ohne dass sie in ein finanzielles Loch fallen, sagt Kostas Petropulos, Leiter des Heidelberger Familienbüros. Auch Martina Josten, Leiterin von Zeitzeichen, der Informationsstelle für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Trier, sieht genau darin einen Erfolg des Elterngelds. Es sei eine Entwicklung in die richtige Richtung, sagt Josten. Man würde zu hohe Erwartungen an das Elterngeld stellen, "wenn dies allein bereits eine Erhöhung der Geburtenrate oder gar der Geburtenzahl bewirken sollte", warnt die Arbeitsmarktexpertin. Dafür sei das Elterngeld nur einer von vielen Einflussfaktoren. Ebenso von zentraler Bedeutung sei eine Verbesserung der Chancengerechtigkeit in der Arbeitswelt und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Schonraum gegen finanzielle Not


"Das Elterngeld ist keine Geburtsprämie", sagt auch Ministerin Alt und reagiert damit auch auf die Diskussion, die vor allem von Unionspolitikern losgetreten worden ist. Da die Zahl der Geburten in Deutschland seit Jahren und trotz des Elterngelds zurückgeht, könne man, so die Argumentation der Kritiker, die familienpolitische Leistung auch wieder abschaffen.
Das DIW stellt allerdings klar, dass das Elterngeld in erster Linie dafür da ist, um einen "Schonraum" zu schaffen, "damit Familien ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben hineinfinden und sich vorrangig der Betreuung ihrer Kinder widmen können". Und genau dieses Ziel sei tatsächlich erreicht worden, stellen die Wirtschaftsforscher fest. Das Haushaltseinkommen sei für Familien mit Kindern im ersten Lebensjahr seit Einführung des Elterngelds im Schnitt um 400 Euro pro Monat gestiegen. Das Elterngeld habe allerdings nicht nur Auswirkungen auf die Höhe des Einkommens, sondern es habe auch die Anreize erhöht, dass Eltern, insbesondere Mütter, ihren Job im ersten Jahr nach der Geburt unterbrechen.
Daher müssen auch, so die Arbeitsmarktexpertin Josten, Möglichkeiten "eines schnellen Wiedereinstiegs von Müttern in das Berufsleben mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und einer gesicherten Betreuung der Kinder" geschaffen werden. Jostens Fazit: "Elterngeld ist ein guter Beitrag, aber nicht allein selig machend, sondern nur ein Baustein."
Genau diese Sichtweise treibt dem Familienexperten Petropulos die Zornesröte ins Gesicht. Das Elterngeld sei ein Paradebeispiel für den Widerspruch in der Familienpolitik. Es gehe dabei offenbar nur darum, die Erwerbstätigkeit der Mütter, als "brachliegendes Humankapital" so schnell wie möglich wieder zu mobilisieren. Genau dafür sei das Elterngeld aber nicht geschaffen worden, sagt Petropulos. Er fordert zudem die Dauer des Elterngeldbezugs auf drei Jahre, solange wie die gesetzlich vorgeschriebene Erziehungszeit gilt, auszudehnen.
Familienministerin Alt hingegen sieht in dem Elterngeld eher eine Chance für berufstätige Mütter, länger zu Hause zu bleiben. "Ohne das Elterngeld müssten viele Frauen direkt nach dem Mutterschutz wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen."
Ihr Fazit: "Das Elterngeld ist eine wichtige familienpolitische Richtungslinie, um Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren zu können. Es stärkt die Partnerschaft von Frau und Mann."Extra

Erziehungsgeld: Das Erziehungsgeld wurde bis zur Einführung des Elterngeldes bedürftigen Familien in den ersten 24 beziehungsweise zwölf Monaten nach Geburt eines Kindes gezahlt. Entweder erhielten sie zwei Jahre lang monatlich 300 Euro oder ein Jahr lang 450 Euro pro Monat. Erziehungsgeld gab es nur für Familien, deren Einkommen unter bestimmten Einkommensgrenzen lag. Elterngeld: Die Höhe des Elterngelds orientiert sich an der Höhe des Einkommens. Es ersetzt einen Teil des Nettoerwerbseinkommens zwölf Monate vor der Geburt des Kindes. Es beträgt mindestens 300 Euro und maximal 1800 Euro pro Monat. War der Elternteil, der Elterngeld bekommt, vor der Geburt berufstätig, so erhält dieser 67 Prozent seines Einkommens vor der Geburt des Kindes, mindestens aber 300 Euro. Bei Mehrlingsgeburten erhöht sich das Elterngeld um 300 Euro für jeden Mehrling. Das Elterngeld wird mindestens zwölf Monate gezahlt. Nehmen beide Elternteile das Geld in Anspruch verlängert sich die Bezugsdauer um zwei Monate. wie

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