"Es konnte ja nur besser werden"

Ich wurde 1937 geboren, mein Bruder 1934. Mit unserer Mutter wurden wir zu einer Winzerfamilie nach Reil an der Mosel evakuiert. Dort hörten wir im Radio vom Kriegsende und machten uns auf, um mit der Bahn nach Trier zurückzukommen.

Der Zug fuhr aber nur bis Ehrang, so dass wir mit unseren Habseligkeiten und einigen Lebensmitteln, die der Bauer uns mitgegeben hatte, dann zu Fuß nach Trier gelaufen sind. Wir kamen völlig fertig dort an. Mein Vater war noch in russischer Kriegsgefangenschaft und andere Verwandtschaft noch nicht in Trier. Wir fanden unsere Wohnung teils geplündert und stark verschmutzt vor, waren aber glücklich, wieder zu Hause zu sein. Wir überlegten uns jeden Tag, was man aus Wiesen, Wald und Feldern essen konnte und fürchteten uns zugleich vor den Alliierten, die auch bald in die umliegenden Häuser einzogen. Wir sahen, wie Fahnen und Bücher verbrannt und Revolver in die Mosel geworfen wurden. Wir machten auch tagsüber die Rollläden runter, weil wir Angst vor Plünderungen und Wohnungsbesetzungen hatten. Trotz allem wollten wir nicht mehr weg, sondern nahmen uns fest vor, die harte Zeit durchzustehen. Es konnte ja nur noch besser werden, auch wenn es lange dauern sollte.
Helga Kiemes, Trier

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort