"Essen Sie ruhig weiter ihr Ei"

TRIER. Das Umweltministerium gibt Entwarnung: Kein gesundheitliches Risiko durch dioxin- verseuchte Eier im Land.

"Da müssten sie schon 60 Eier pro Woche essen, um krank zu werden." Stefanie Mittenzwei, Sprecherin des Mainzer Umweltministeriums, sieht keine Gesundheitsgefahr durch die Dioxin verseuchten Eier. Zwar seien in allen 18 seit 1999 kontrollierten Boden- und Freiland-Eiern "geringfügige" Dioxin-Rückstände gefunden worden. Doch sei nur bei einem Viertel der seit Anfang des Jahres geltende Höchstwert von drei Pikogramm pro Gramm überschritten worden. Bei Dioxin schrillen bei Verbrauchern und Umweltschützern die Alarmglocken. 1976 wurden bei einer Explosion in einer Chemiefabrik im italienischen Seveso zwei Kilogramm des Giftes freigesetzt. Das Gebiet war auf Jahre unbewohnbar, Menschen hatten schwere Hautschäden. Doch Dioxin hat auch natürliche Quellen. So wurde erst kürzlich wieder eine erhöhte Belastung von Tongruben im Westerwald festgestellt. Dieser Ton wurde an eine Pommes-Frittes-Fabrik nach Holland geliefert, die wiederum dadurch verseuchte Kartoffelschalen als Viehfutter verkaufte. Und genau diese natürlichen Quellen scheinen die Ursache für die hohe Belastung der Eier zu sein. Dass Hühner, die auf dem Boden oder draußen gehalten werden, das Gift beim Picken aufnehmen, ist längst bekannt. Daher bezeichnet der Tierschutzbund das Ganze als "gezielte Kampagne" für die Käfighaltung. Den Verbrauchern sei diese seit langem bekannte Information vorenthalten worden, heißt es auch beim Bundesverband Deutsches Ei, der Interessenvertretung von 3900 Legehennenhalter. Gefundenes Fressen auch für die Befürworter der konventionellen Landwirtschaft. Der Tierschutzbeauftragte der CDU-Bundestagsfraktion Peter Bleser (Cochem) bezeichnet es als verantwortungslos von Bundesumweltministerin Renate Künast einseitig ökologische Produkte zu empfehlen. Doch selbst der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) gibt Entwarnung: "Essen Sie weiter Ihr Frühstücksei. Es gibt keine akute Gesundheitsgefährdung." Belastete Eier müssten allerdings sofort aus dem Verkehr gezogen werden, um die Verunsicherung der Verbraucher zu beenden. "Wir haben ein Recht auf schadstofffreie Lebensmittel", so der VZBV-Gesundheitsexperte Thomas Isenberg. Die Hühnerhalter sollten nun verstärkt Bodenproben ziehen. Umweltschützer sehen trotz allem keine Alternative zur Freilandhaltung. Das Mainzer Umweltministerium will nun Landwirten bei der Ursachensuche und -bekämpfung der Dioxin-Belastung helfen. Umweltministerin Conrad kündigte verstärkte Eier-Kontrollen in diesem Jahr an. Doch diese sind gar nicht so einfach und vor allem teuer. 900 Euro pro Ei sind fällig für die mehrere Tage dauernden Untersuchungen. Bei Grenzwert-Überschreitungen würden die Eier sofort vom Markt genommen.

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