Fachkräftemangel: Branchenverband will Arbeitszeiten in der Gastronomie deutlich verlängern

Trier · Fehlendes Personal, Mindestlohn und bürokratische Vorgaben machen der Gastronomie zu schaffen. Branchenfunktionäre fordern deshalb längere Tagesarbeitszeiten in der Saison. Damit würden die Jobs noch unattraktiver, sagen die Gewerkschaften.

Wer den Präsidenten des rheinland-pfälzischen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga fragt, wo die Gastronomen im Land der Schuh drückt, der bekommt Gereon Haumann anschließend kaum noch gestoppt. Besonders auf das nach seinen Angaben seit 20 Jahren unveränderte Arbeitszeitgesetz hat es der Dehoga-Boss abgesehen. Haumanns Urteil: Das Gesetz müsse dringend überarbeitet werden. So sollen künftig an maximal drei Tagen in der Woche bis zu zwölf Stunden Arbeit ermöglicht werden. Bislang sind laut Dehoga maximal zehn Stunden möglich.

Bei der Gewerkschaft NGG beißt Haumann damit auf Granit. Die Beschäftigten im Gastgewerbe hätten schon jetzt ungünstige Arbeitszeiten, sagt Sprecherin Ursula Wolf. Wer die Arbeitsbedingungen weiter verschlechtere, verschärfe das Problem noch.

In Rheinland-Pfalz gibt es 13.500 Gastronomiebetriebe, allein 3000 davon in der Region Trier. Schon jetzt können viele offene Stellen nicht mehr besetzt werden. In einer aktuellen Umfrage der Industrie- und Handelskammer Trier klagen 70 Prozent der regionalen Betriebe über Fachkräftemangel, deutlich mehr als im Vorjahr.

Auch IHK-Geschäftsführer Albrecht Ehses befürwortet deshalb, dass Mitarbeiter in der Gastronomie "in Einzelfällen länger als zehn Stunden arbeiten". Das sei in der Vergangenheit flexibel gehandhabt worden, mit Einführung des Mindestlohns und der Dokumentationspflichten aber an die Grenzen geraten.

Die rheinland-pfälzische Arbeitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) zieht dagegen ein "rundum positives Fazit für das erste halbe Jahr Mindestlohn." Und die Aufzeichnungspflicht sei unverzichtbar. Überdies seien schon jetzt Ausnahmegenehmigungen für Arbeitszeiten bis zwölf Stunden möglich, sagte die Ministerin unserer Zeitung. Die Öffnungsklausel sei aber nicht praxistauglich, kontert Dehoga-Präsident Haumann und hofft auf eine pragmatische Lösung. Andernfalls müssten noch mehr Betriebe ihre Öffnungszeiten reduzieren, zusätzliche Ruhetage einführen oder das Angebot runterschrauben.

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