Familie als Problem

PRÜM. Auch wenn es keine Patentlösung gab: Von der Regional-Konferenz der Initiative Region Trier (IRT) ging ein Impuls aus. Familienfreundlichkeit wird Kernaufgabe in Unternehmen.

In Sachen Familien gibt sich kein Politiker gern als konservativ. Selbst der nicht gerade roten Ideen nahe stehende CDU-Landtagsabgeordnete Michael Billen bemüht dann schon mal Mao Tse-tung, um sich als progressiver Familienpolitiker zu präsentieren. Unklar ist allerdings, ob er bei seinem Grußwort zur Eröffnung der IRT-Regionalkonferenz auch gewusst hat, dass bereits Bundeskanzler Schröder und Frauenrechtlerin Alice Schwarzer mit Maos Spruch "Frauen tragen die Hälfte des Himmels" für bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf geworben haben. Den Frauen jedenfalls solle auch die Hälfte der Erde gehören: Dass man davon noch weit entfernt ist, das zeigte sich relativ schnell. Eine Patentlösung, wie man mehr qualifizierte Mütter wieder in den Job bringt, hatte bei der von TV-Redakteur Dieter Lintz moderierten Diskussion keiner. Kein Wunder: Weder der Geschäftsführer der Handwerkskammer, Hans Hermann Kocks, noch sein Kollege von der Industrie- und Handelskammer, Arne Rössel, können ihren Mitgliedsunternehmen diktieren, familienfreundlicher zu werden. So blieb es bei eher vagen Aussagen. Der eine oder andere der knapp 200 Zuhörer, fast allesamt Politiker und IRT-Funktionäre, hat konkrete Anleitungen für mehr Familienfreundlichkeit erwartet. Doch die gibt es nicht. Oft würden Betriebe aus der Not heraus familienfreundlich, weil für Mitarbeiter individuelle Modelle notwendig würden, sagte Martina Josten, Projektleiterin von "ZeitZeichen" in Trier, wo Beispiele solcher Lösungen gesammelt werden. Meist liege es aber einfach an der Unternehmenskultur, glaubt der Deutschland-Chef des Schweizer Beratungsinstituts Prognos, Mathias Bucksteeg, der die Ergebnisse des Familienatlas als Chance und Herausforderung für die Region darstellte. Familie werde häufig noch als Problem gesehen: "Wenn in Deutschland eine Frau schwanger ist, ist sie ein Fall für den Personalchef, in der Schweiz für den Chef persönlich, der spendiert ihr dann noch eine Flasche Sekt." So drehte sich die Diskussion um die Ganztagsbetreuung - ein Thema für die Politiker. Tagesmütterbörse, Ganztageskindergartenplätze, flexible Öffnungszeiten in Kindergärten - sowohl Trier-Saarburgs Landrat Richard Groß als auch der Speicherer VG-Bürgermeister Rudolf Becker und Billen als Kreisbeigeordneter hatten Beispiele parat. Überzeugen konnten sie weder den Prognos-Chef ("Die Entscheidung für Kinder hängt davon ab, ob sich eine Familie irgendwo zu Hause fühlt, nicht von den Zahl der Betreuungsplätze.") noch eine Zuhörerin: Kinder wollten nicht abgeschoben werden, sie brauchten in erster Linie ihre Eltern. So endete nach knapp 90 Minuten die Diskussion und entließ die Zuhörer mit einer nicht neuen Erkenntnis: Jeder ist für mehr Familienfreundlichkeit, doch an der Umsetzung hapert es gewaltig.

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