Filmen statt helfen: Polizei fordert härtere Strafen für Gaffer

Trier · Es gibt fast keine Polizei- und Rettungseinsätze mehr, die nicht von Schaulustigen gefilmt werden. Oft landen die Filme im Internet. Der Landeschef der Polizeigewerkschaft fordert höhere Strafen für die filmenden Gaffer.

Filmen statt helfen: Polizei fordert härtere Strafen für Gaffer
Foto: Screenshot/Facebook

"Musste das sein, Ihr Gaffer?" So verärgert reagierte vergangene Woche die Polizei via Facebook , nachdem ein 85-jähriger Radfahrer bei einem Verkehrsunfall in Ingelheim bei Mainz ums Leben gekommen war. Viele der Umstehenden hätten nichts Besseres zu tun gehabt, "als mit dem Smartphone Fotos und Videos vom Unfallort zu machen". Gaffer, die Rettungseinsätze filmen, Fotos von Unfallopfern machen und dann im Internet veröffentlichen, sind kein Einzelfall. Im April hatten im nordrhein-westfälischen Hagen Schaulustige gefilmt , wie ein Notarzt ein lebensgefährlich verletztes Mädchen auf der Straße behandelt hatte.

Uwe Konz vom Trierer Polizeipräsidium spricht von einem "neuzeitlichen Phänomen". Zwar habe es in der Region noch keine vergleichbaren Fälle gegeben. Aber es gebe mittlerweile kaum mehr einen öffentlich wahrnehmbaren Polizeieinsatz, "der nicht mit einem Smartphone dokumentiert wird", sagt Konz.

Inzwischen werde nicht mehr nur langsam an einem Unglücksort vorbeigefahren, "sondern gleich angehalten, Helfer beiseitegeschoben, fotografiert und gefilmt", sagt Benno Langenberger, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Dass dadurch Persönlichkeitsrechte verletzt, der Verkehr gefährdet oder Staus provoziert würden, "interessiert überhaupt nicht. Ein Unrechtsbewusstsein gibt es immer weniger". Der Landesfeuerwehrverband schlägt vor, mobile Sichtschutzwände etwa bei Autobahnunfällen aufzustellen - Nordrhein-Westfalen macht das als einziges Bundesland bereits.

Solche Gaffer störten immer wieder einen reibungslosen Ablauf der Einsätze, sagt Marco Pecht, Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums. Wenn dadurch Rettungsarbeiten behindert würden, drohten den Schaulustigen auch Strafen. Doch die Ahndung gestalte sich oft schwierig. "Oberste Priorität hat für die Polizei nämlich zuerst die Lagebewältigung und Sicherung der Unfallstelle." Häufig fehle somit die Möglichkeit, die Gaffer zu registrieren und eine Strafverfolgung einzuleiten, sagt Pecht.

Solange der Polizeieinsatz nicht gestört werde und es keine konkreten Hinweise auf die Veröffentlichung der gemachten Videos gebe, werde die Polizei zunächst nicht aktiv tätig, sagt Polizeisprecher Konz. "Sie versuchen, gelassen mit der Unart mancher Zeitgenossen umzugehen."

Gewerkschaftschef Langenberger fordert eine konsequente Verfolgung der Gaffer und Bußgelder von mindestens 75 Euro sowie Punkte in Flensburg. Der Bundesrat berät in dieser Woche, ob das Strafrecht verschärft werden kann. Vor allem das Filmen von Toten soll unterbunden werden.Mehr zum Thema

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