Fliegerhorst Büchel: Lagern die Atombomben sicher?

Trier/Büchel/Berlin · Weil Friedensaktivisten unbehelligt in den Fliegerhorst Büchel eindringen konnten, gibt es Kritik am Sicherheitskonzept des Nuklearwaffenstandorts. Die Luftwaffe will nachbessern.

Hinter wehrhaften Zäunen, die den Fliegerhorst Büchel von den Eifeler Wiesen trennen, sollen die letzten 20 US-Atombomben auf deutschem Boden liegen. In Flugzeug-Sheltern, unter mächtigen Abdeckplatten, verstaut in unterirdischen Magazinen. Und gut bewacht. Schließlich ist neben einer deutschen Sonderstaffel des taktischen Luftwaffengeschwaders 33 auch noch eine 140 Mann starke US-Staffel für die Sicherheit des Standortes zuständig.

Aber ist der Zaun wirklich so wehrhaft? Ist der Standort wirklich so sicher? Ein Vorfall, der sich kürzlich während einer Protestaktion gegen Nuklearwaffen ereignete, lässt Zweifel aufkommen: Fünf Aktivisten drangen in den Sicherheitsbereich ein. Sie durchtrennten Zäune und ließen sich auf einem erdbedeckten Bunker nieder. Eine Stunde verbrachten sie nach Auskunft von Gerd Büntzly aus Herford, dem einzigen deutschen Teilnehmer der Aktion, dort völlig unbehelligt. Erst nachdem einer der amerikanischen Pazifisten vom Bunker stieg, um das Wort "Disarm" (abrüsten) in eine Tür zu ritzen, seien Wachleute erschienen. Laut Büntzly entdeckten sie die Eindringlinge jedoch erst, als diese mit Gesang auf sich aufmerksam machten.

"Was machen die eigentlich, wenn Profis kommen?", fragt sich TV-Leser Michael Braschoss aus Gillenfeld. Auch Hans Kristensen, Direktor des Nuclear Information Projects in Washington DC, kritisiert, der Vorfall habe gezeigt, wie leicht es sei, in einen Atomwaffenstandort einzudringen. "Das ist ein schlechtes Signal an Terroristen", sagt er. Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner findet, wenn Friedensaktivisten dort einfach "reinspazieren" könnten, sei das Sicherheitskonzept "mehr als stümperhaft".

Die Pressestelle der Luftwaffe teilt auf Anfrage unserer Zeitung mit, das Absicherungssystem werde "aufgrund des Vorfalls überprüft und nachjustiert", was die Erneuerung von Zaunanlagen beinhalte. Die militärische Sicherheit sei jedoch durchgehend gegeben gewesen.

Büntzly wurde wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung angezeigt. Das stört ihn nicht, denn sein Ziel war es, auf den "Skandal dieses Fliegerhorstes" aufmerksam zu machen, wo wohl noch viele Jahrzehnte lang Atombomben lagern werden. Anders als die schwarz-gelbe Bundesregierung dies einst in ihrem Koalitionsvertrag vorgesehen hatte, werden diese nicht abgezogen, sondern durch modernisierte Nuklearwaffen ersetzt.

Friedensforscher wie Kristensen und Otfried Nassauer, Direktor des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit, fürchten die Fähigkeiten der neuen Bombengeneration B.61-12. Denn statt "dumm" - also frei fallend - werde sie präziser lenkbar sein als die alten B.61-3 und die B.61-4. So sind die Bomben nicht nur besser für die Zerstörung einzelner Ziele geeignet. Sie richten auch weniger ungewollten Schaden an. "Damit könnte die Hemmschwelle sinken, sie zu verwenden", fürchtet Nassauer. Laut Kristensen sollen die ersten Exemplare 2020 fertig werden. Ab 2022 könnte der Austausch beginnen. Um die Bomben im Kriegsfall einsetzen zu können, behält die Luftwaffe ihre in der Eifel stationierten Tornados nicht wie ursprünglich geplant bis 2020, sondern bis 2035.

Dank Atomwaffen kein Altmetall

Ausmusterung? Nix da. Die deutschen Tornados-Jets fliegen noch bis 2035

Wären es Autos, dann müsste man von Oldtimern sprechen. Denn viele der Tornado-Jets fliegen schon seit mehr als 30 Jahren im Dienst der deutschen Luftwaffe. Ursprünglich war geplant, sie im Jahr 2020 auszumustern.
Ein Plan, der nicht funktioniert. Denn: Statt die Kernwaffen aus Büchel abzuziehen, werden die USA sie modernisieren. Andere Flugzeuge, die im Ernstfall mit Atombomben bewaffnet werden könnten, hat Deutschland nicht. Das Waffensystem Tornado sei der "alleinige Fähigkeitsträger" im Bereich nukleare Teilhabe, heißt es im Rüstungsbericht des Verteidigungsministeriums.

Die 85 Tornados, die von einst 357 Jets noch übrig sind, sollen laut Luftwaffe nun noch bis 2035 genutzt werden. 31 von ihnen sind in Büchel beim Taktischen Luftwaffengeschwader 33 stationiert, das eine zentrale Rolle für die "nukleare Beteiligung" Deutschlands spielt: Gäbe US-Präsident Donald Trump in Washington den Befehl, die Waffen scharfzumachen, dann würden sie an die deutschen Jets geklinkt und im Rahmen eines von Nato-Stäben geplanten Einsatzes von deutschen Piloten zum militärischen Ziel geflogen.

710 Millionen Euro wird die Bundesrepublik nach Angaben des aktuellsten Rüstungsberichts allein bis 2021 in die Tornados stecken. In der Vergangenheit seien bereits Hard- und Software modernisiert worden, ebenso wie die Selbstschutzanlage. Zudem seien ein digitales Kommunikationssystem und ein Funkgerät für eine verschlüsselte Verbindung eingebaut worden, teilt ein Pressestabsoffizier mit.
Laut Otfried Nassauer, Direktor des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit, müssen die Jets zudem technisch darauf vorbereitet werden, die neuen Bomben zu tragen. Es fehle ihnen insbesondere die geeignete Technik, damit das Flugzeug mit der voll digitalisierten Bombe "korrekt kommunizieren" könne. Die Integration der Bombe in die Tornados habe in den USA bereits begonnen.

Auch der amerikanische Kernwaffenexperte Hans Kristensen vom Nuclear Information Project sagt, die ersten Testflüge seien 2016 bereits erfolgt, weitere gebe es dieses Jahr.
Kristensen erklärt zudem, dass ältere Flugzeuge wie die Tornados oder F-16 trotz aller Neuerungen nicht in der Lage sein dürften, die Bomben so präzise zu lenken wie moderne Flugzeuge.

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