Untersuchungsausschuss im Landtag Flutkatastrophe im Ahrtal: Staatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen Ex-Landrat und Mitglied des Krisenstabs

Mainz · Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal ermittelt die Staatsanwaltschaft Koblenz weiter gegen den ehemaligen Landrat des Kreises Ahrweiler und ein Mitglied des Krisenstabs. Die Opposition im Untersuchungsausschuss sieht vielmehr die übergeordneten Behörden in der Verantwortung

 Ein zerstörter Gasthof am Ufer der Ahr in Dernau drei Monate nach der Flutkatastrophe vom Juli.

Ein zerstörter Gasthof am Ufer der Ahr in Dernau drei Monate nach der Flutkatastrophe vom Juli.

Foto: dpa/Boris Roessler

Hätte bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal im vergangenen Juli früher gewarnt werden müssen? Und wer hatte zu welchem Zeitpunkt welche Informationen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich seit nunmehr September ein Untersuchungsausschuss im Mainzer Landtag. Gleichzeitig ermittelt die Staatsanwaltschaft Koblenz wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassung. Insgesamt wurden bei der Flut im Ahrtal 134 Menschen in den Tod gerissen. Am Freitag mussten die beteiligten Staatsanwälte selbst vor dem Untersuchungsausschuss aussagen.

Ermittlungen dauern noch mehrere Monate

Klar ist nun, dass die Staatsanwaltschaft nach ihren bisherigen Erkenntnissen die Ermittlungen gegen den ehemaligen Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler, sowie ein weiteres Mitglied des Krisenstabs fortsetzt. Er sehe keinen Anlass, die Ermittlungen einzustellen, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Harald Kruse. Mit Ergebnissen ist in nächster Zeit allerdings nicht zu rechnen. Er könne nicht versprechen, dass die Staatsanwaltschaft dieses Jahr noch fertig werde, sagte er.

Viele Informationen sind nicht öffentlich

Kruse und seine ebenfalls befragte Kollegin, Staatsanwältin Ute Adam-Backes, erklärten in der Sitzung, wie es überhaupt zu den Ermittlungen gekommen ist. Nach der Auswertung von Medienberichten, Hinweisen aus der Bevölkerung sowie Strafanzeigen von Privatpersonen habe es genügend „zureichende, tatsächliche Anhaltspunkte“ gegeben, „die einen Anfangstatverdacht begründen“. Der Großteil der Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft bleibt der Öffentlichkeit jedoch noch verwehrt. Weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt, lief die Sitzung hauptsächlich in einem nicht öffentlichen Teil ab.

Nach Angaben von Kruse habe sich nach einer Prüfung des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes gezeigt, dass der Landrat für die Bewältigung von Katastrophenereignissen verantwortlich sei. Die Kreisverwaltung habe allerdings mitgeteilt, dass die technische Umsetzung an eine weitere Person delegiert worden sei. Daher richten sich nun die Ermittlungen gegen den Landrat und die weitere nicht namentlich genannte Person. Die Staatsanwaltschaft sei sich der Problematik bewusst, dass es sich dabei um einen Ehrenamtlichen handele, erklärte Kruse.

Opposition fragt nach Verantwortung der ADD

Abgeordnete der Opposition im Ausschuss wollten aber vielmehr wissen, warum die Staatsanwaltschaft nicht auch gegen Verantwortliche der übergeordneten Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) oder beim Innenministerium ermittelt. Das Innenministerium habe nur die Funktion als Aufsichtsbehörde, erklärte Kruse. Es habe zudem keine Hinweise darauf gegeben, dass die Möglichkeiten des Kreises Ahrweiler „per se nicht mehr ausgereicht hätten“.

Stephan Wefelscheid, Obmann der Landtagsfraktion der Freien Wähler im Ausschuss, erklärte im Anschluss: „Dies ist für mich angesichts der bisherigen Erkenntnisse aus den Aussagen von Sachverständigen und Zeugen zur Vorhersehbarkeit des Extremwetterereignisses und dem dringenden Handlungserfordernis nicht nachvollziehbar“.  In den weiteren Sitzungen gelte es daher zu klären, wieso die ADD nicht rechtzeitig die Einsatzleitung übernommen habe.

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