Fünf Monate unschuldig hinter Gittern

TRIER. Schlappe für die Trierer Staatsanwaltschaft: Sechseinhalb Jahre sollte nach ihrer Ansicht ein wegen Vergewaltigung angeklagter Mann ins Gefängnis. Freispruch, forderten dagegen die Verteidiger des 36-Jährigen. Heraus kam letztlich eine Geldstrafe. Eine Blamage, die die Staatsanwaltschaft nicht auf sich sitzen lassen will.

Fast auf den Tag genau fünf Monate hat ein Mann aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich hinter Gittern gesessen, weil er seine ehemalige Lebensgefährtin brutal vergewaltigt haben soll. Das jedenfalls behauptet die Frau. "Ich sitze seit Monaten unschuldig hinter Gittern", konterte dagegen der gelernte KFZ-Mechaniker beim Prozessauftakt Anfang Februar. Der 36-Jährige bezeichnete die Anschuldigungen seiner "Ex" als "Denkzettel für eine Ohrfeige", die er der Frau vor einem Jahr "verpasste" habe - nachdem er sie mit einem Liebhaber im Bett überrascht haben will. "Ein Ausrutscher, der mir leid tut." So leid, dass er nach der Ohrfeige gleich in eine Kapelle gefahren sei, um Buße zu tun. Klingt alles etwas abenteuerlich, zumal zwischen den Anschuldigungen der Frau und den Aussagen ihres ehemaligen Lebensgefährten Welten liegen. Vier Tage lang wurde vor der Dritten Großen Strafkammer des Trierer Landgerichts verhandelt, gestern Morgen fiel das Urteil: 1200 Euro Geldstrafe wegen Körperverletzung. Sechseinhalb Jahre Gefängnis hatte demgegenüber die Staatsanwältin gefordert. Scharfe Geschütze gegen Anklagebehörde und Gericht fährt nun der Verteidiger des Mannes, Paul Greinert, auf. Die Staatsanwaltschaft sei unbeeindruckt vom Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen, meint der Trierer Jurist. Und das Gericht hätte die nur auf den Aussagen der Frau basierende Anklage erst gar nicht zulassen dürfen. "Dass sie dennoch zugelassen wurde, stimmt bedenklich", sagt Greinert. Seinem Mandanten wurden noch im Gerichtssaal die Fußfesseln abgenommen, er verließ das Gebäude gestern als freier Mann. Für die fünf Monate Untersuchungshaft steht ihm jetzt eine Entschädigung zu - maximal elf Euro pro Tag. "Er ist ein gebrochener Mann, ein halbes Wrack", sagt sein Anwalt. Oberstaatsanwalt Volker Bewernick kündigte indes an, Revision gegen das Urteil einzulegen. Dem schließt sich auch Nebenklage-Vertreterin Ruth Streit-Stifano an: "Das hier möchte ich gerne geklärt haben."

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