Für den Trierer Bischof ist Sex kein Tabuthema

Trier · Zwei Tage lang befasst sich das Bistum Trier mit einem heiklen Thema: Es geht um Liebe, Lust und Leidenschaft, um Schwule, Lesben und Sex im Alter. Thematische Berührungsängste scheinen Bischof Stephan Ackermann fremd zu sein.

Es knirscht derzeit in den Beziehungen zwischen Frankreich und dem Vatikan. Die französische Regierung hält an der Nominierung eines neuen Botschafters fest, den die Riege im Vatikan partout nicht haben will. Der Grund: Laurent Stefanini, so heißt der französische Topdiplomat, ein praktizierender Katholik und ausgewiesener Experte für Religionsfragen, bekennt sich offen zu seiner Homosexualität. Das mag in der Politik inzwischen längst eine Normalität sein. Doch rund um den Vatikan gehen die Uhren immer noch anders - zumindest offiziell.

Dabei gibt es auch in der katholischen Kirche längst prominente Vertreter, die eine andere Linie fahren. Triers Bischof Stephan Ackermann hat sich in der Vergangenheit schon mehrfach mit Homosexuellenverbänden getroffen und sich gegen die Diskriminierung von Lesben und Schwulen ausgesprochen. Da passt es ins Bild, dass sich auch bei dem am Freitag beginnenden Forum des Bistums zum Thema Sex und Moral eine Gesprächsrunde mit dem Thema "Für einen Perspektivenwechsel in der Beurteilung der Homosexualität" befasst.

Die insgesamt zwölf Gesprächsrunden werden von renommierten Wissenschaftlern, Pädagogen und Theologen geleitet. Bischof Stephan Ackermann hat im Vorfeld die Devise ausgegeben, das Forum sei ein offenes Angebot, um sich mit unterschiedlichen Sichtweisen auseinanderzusetzen. So wird in den Runden etwa über Sexualität im Alter gesprochen, über Facetten sexueller Identität oder Sexualität zwischen Lust und Schmerz, aber auch über Themen wie Zölibat, Keuschheit oder die Sünden- und Reinheitsvorstellungen der katholischen Kirche.

Rund 170 Teilnehmer haben sich nach Angaben des Bistums für das Forum angemeldet, darunter nahezu die komplette Bistumsspitze. Das zweitägige Treffen in Trier findet anlässlich der von Ackermann ausgerufenen Synode statt. Damit Themen nicht unter den Tisch fallen, die vielen Gläubigen auf den Nägeln brennen, aber auf der Synode nicht behandelt werden können, hat der Trierer Bischof insgesamt drei Foren initiiert. Dabei geht es um wiederverheiratete Geschiedene, um Sex und Moral sowie demnächst noch um Frauen und Ämter in der Kirche.

Alle Foren behandeln Themen, die innerkirchlich umstritten sind und somit reichlich Zündstoff bergen. Viele von Stephan Ackermanns Kollegen dürften schon allein wegen der Synode und der daraus möglicherweise im eigenen Bistum entstehenden Erwartungshaltung eher skeptisch nach Trier schauen.

Aber was soll mit den Ergebnissen des Sexualitätsforums geschehen? "Die Foren bieten einen Gesprächsraum, tragen zur vertieften Auseinandersetzung bei und sind so Elemente der Bewusstseinsbildung in der Kirche insgesamt", sagt Bistumssprecher André Uzulis.

Bischof Stephan Ackermann wird am Samstag nach dem Forum prominenten Besuch empfangen: Der Botschafter des Papstes in Deutschland, Erzbischof Nicola Eterovic, ist für drei Tage in Trier. "Ein ganz normaler Besuch zu den Heilig-Rock-Tagen", heißt es offiziell. Kirchenintern wird allerdings schon gemutmaßt, dass sich der päpstliche Nuntius einen Priester einmal genauer anschauen möchte, der im Erzbistum Berlin schon als möglicher Woelki-Nachfolger gehandelt wird: Triers Bischof Stephan Ackermann (52).

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