Für Frauen geht praktisch nichts voran

Die Gleichberechtigung in Deutschland kommt nicht voran: Der Frauenanteil liegt im mittleren und gehobenen Management nur bei 27 Prozent. Das hat eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ergeben.

Berlin. (wk) "Besonders krass" findet Elke Holst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), was in der Finanzbranche abläuft. Dort sind mehr als die Hälfte aller Mitarbeiter weiblich, aber nur 2,6 Prozent des Vorstandspersonals. Frauen, die nach oben wollen, stoßen in Deutschland noch immer an eine "gläserne Decke", ergab der "Führungskräftemonitor 2010", den die Wissenschaftlerin gestern vorstellte. Die Gleichberechtigung kommt nicht voran.

So war der Anteil der Frauen im mittleren und gehobenen Management mit 27 Prozent im Jahr 2008 genauso niedrig wie bei der letzten Studie 2006. Hinter der Durchschnittszahl verstecken sich noch weitere schlechte Nachrichten. So waren die 441 Aufsichtsrats- und Vorstandsposten der 100 größten deutschen Unternehmen im Jahr 2009 zu 99,1 Prozent Männern vorbehalten - es gab nur vier Frauen auf diesem Top-Level. Und: Wenn Frauen in (mittlere) Führungsaufgaben vorgestoßen sind, verdienen sie im Durchschnitt 28 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Das liegt daran, dass im sehr gut bezahlenden produzierenden Gewerbe Männer noch stärker dominieren; ebenfalls dort, wo hohe Bonuszahlungen geleistet werden. Frauen dürfen sich, wenn überhaupt, auf den Chefsesseln des Handels, der Gastronomie und von Dienstleistungsbetrieben tummeln.

Holst schlug vor, in den Unternehmen verbindliche Zielvereinbarungen abzuschließen, wie es gerade die Telekom getan hat. Dort sollen 30 Prozent der Führungsaufgaben von Frauen erfüllt werden. Eine gesetzliche Quotenregelung könne zwar ebenfalls schnelle Erfolge bringen, wie man am Beispiel Norwegens gesehen habe. Dort liegt der Frauenanteil an den Top-Positionen dank Quote bei 42 Prozent. Doch seien freiwillige Schritte der Wirtschaft zu bevorzugen. Auch Familienministerin Kristina Schröder (CDU) hatte eine gesetzliche Quote kürzlich indirekt abgelehnt. Das sei für sie die "ultima ratio". Geplant ist von der Ministerin zunächst nur ein Stufenplan, der mit Berichtspflichten der Unternehmen beginnen soll.

Führungskräfte wünschen sich weniger Arbeitsstunden



Neben der Männerdominanz in den Unternehmen ist auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine große Schwelle. Im Durchschnitt 45 Stunden Arbeit (Männer: 48 Stunden) sind kaum zu stemmen, wenn man, wie die Untersuchung feststellte, auch als Führungsfrau die überwiegende Last der Kinderbetreuung und der Hausarbeit zu tragen hat. Führungskräfte beiderlei Geschlechts wünschen sich übrigens acht Stunden weniger pro Woche zu arbeiten. Das ist ein Zeichen, dass auch bei den männlichen Managern der Typus Familienflüchtling und Bürojunkie im Rückzug begriffen ist.

"Jede Frau, die beruflich nicht in die Position kommt, für die sie qualifiziert ist, kostet uns Wachstum", so kommentierte mit Blick auf den zunehmenden Fachkräftemangel DIW-Chef Klaus Zimmermann die Untersuchung. Der Satz könnte noch auf ihn selbst zurückfallen. Im DIW gibt es nämlich nur drei männliche Chefs und lediglich eine Frau unter den sieben Abteilungsleitern. Und das obwohl im Institut genau wie in der Finanzwirtschaft insgesamt mehr Frauen als Männer arbeiten. "Krass", würde Wissenschaftlerin Holst vermutlich sagen, wäre sie nicht beim DIW angestellt.

Extra Zahlen und Fakten auf einen Blick: Nur 27 Prozent der Positionen im mittleren und gehobenen Management werden von Frauen besetzt. 2009 waren nur vier Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen der 100 größten deutschen Unternehmen vertreten. Demgegenüber stehen 437 Männer. Weibliche Führungskräfte verdienen im Schnitt 28 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen.

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