Gähnende Leere im Lehrerzimmer

SCHWEICH. Tohuwabohu am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium: Ein Schulchef fast ohne Personal, nur 80 Schüler im Unterricht und viele besorgte Eltern. So präsentierte sich die Situation in Schweich am Donnerstagmorgen, dem Tag, an dem der bislang beurlaubte Schulleiter Heinrich Bentemann zurückkehrte.

"Schreiben wir die Englischarbeit morgen oder nicht?", will ein Schüler wissen. Die Antwort: Achselzucken. Denn niemand weiß so recht, was morgen sein wird. Vier Lehrer sind am Donnerstag in der Schule. Einige andere sind auf Fortbildung oder haben unterrichtsfrei, zwölf Pädagogen sind wegen Krankheit am Tag der Rückkehr des Schulleiters nicht zum Dienst erschienen. "Wir wollen und können nicht kommen", sagt einer der Lehrer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Er und die meisten Kollegen hätten den Führungsstil des Schulleiters als Psychoterror empfunden. So etwa sei jede Kritik mit der Androhung von Sanktionen im Keim erstickt worden. "Auch, dass wir eine Mediation wollen, ist nicht wahr. Wir haben einen Brief an den Landeskirchenschuldirektor Jürgen Franzen geschickt und mitgeteilt, dass das Fundament für eine Zusammenarbeit komplett zerstört ist", sagt der Lehrer. "Soeben hat man uns telefonisch angedroht, dass alle Lehrer, die am Montag nicht in der Schule sind, zum Amtsarzt müssen." Im Lehrerzimmer herrscht den Vormittag über gähnende Leere, so wie in den meisten Klassenzimmern. Dafür herrscht auf dem Schulhof zur Unterrichtszeit emsiges Treiben. Elterngruppen stehen zusammen, Schüler strömen zum Bus. "Gut, dass die Lehrer ein Zeichen setzen. Wir wollen Bentemann nicht mehr haben", sagt eine Schülerin.

Ansichten der Eltern driften auseinander

Von den 333 Schülern sind 80 geblieben. Darunter auch ein Junge aus der 8a. "Ich finde es nicht in Ordnung von den Lehrern, wenn man Probleme mit der Schulleitung hat, einfach nicht zu kommen." Einer seiner Klassenkameraden fühlt sich von den Lehrern im Stich gelassen und stellt die Frage, die an diesem Vormittag immer wieder aufflammt: "Was hat Herr Bentemann denn eigentlich gemacht?" So wie die Meinungen der Schüler auseinander gehen, driften auch die Ansichten der Eltern in verschiedene Richtungen: "Das Problem an der Schule sind fanatische Eltern", empört sich eine Mutter. Nachdem bekannt geworden sei, dass der Schulleiter zurückkehrt, hätten einige Eltern Telefonketten von der Schule aus gestartet und zum Boykott des Unterrichts aufgerufen.

"Die Schule und das Konzept sind prima. Die Aktionen einiger Eltern und Lehrer heute sind unter der Gürtellinie", meint eine andere Mutter. "Machtspiele werden auf dem Rücken der Kinder ausgetragen", sagt Gilbert Haufs-Brusberg. "Man lasse die Schule im Sumpf versinken", so der aufgebrachte Vater. Von einer überforderten Stiftung, die es nicht geschafft habe, Ruhe hineinzubringen, von Verantwortung, die hin- und hergeschoben werde und von Cliquenwirtschaften ist die Rede. "Ich habe Zorn auf die Lehrer, die unsere Kinder allein gelassen haben", sagt ein Vater, während er, wie so viele Eltern, mit seiner Tochter das Schulgelände gegen 9 Uhr verlässt. Diejenigen, die ihren Dienst machen, versuchen, den Kindern ein Stück Normalität zu bieten. So hat Silvia Neimes, kommissarische Schulleiterin, im Chaos ein offenes Ohr für die Sorge einer Schülerin, die ihren Bits-Zettel vergessen hat, und die Sekretärin beantwortet freundlich die Fragen von Schülern, die Sorge haben, zu einer ungewohnten Zeit nach Hause fahren zu müssen. Heinrich Bentemann hat unterdessen sein Büro wieder bezogen. Er demonstriert Normalität. "Ich habe heute dafür zu sorgen, dass der Betrieb läuft", sagt er - und räumt ein, die Situation habe er so nicht erwartet. Eine seiner ersten Amtshandlungen an diesem Tag: Nach dem Mittagessen endet der "Schmalspur-Unterricht" ausnahmsweise um 13 Uhr. Ob die Englischarbeit geschrieben wird, weiß der ratlose Schüler auch nach Schulschluss noch nicht. "Ich bin froh, wenn hier alles wieder normal ist", sagt er.

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