Galle und das Ei

Was ein Ei - oder vielmehr fehlendes Ei - alles anrichten kann, darüber weiß Bürgerbeauftragter Ullrich Galle einiges zu berichten. Weil ein Bäckermeister von einer vermeintlichen "Verkehrsauffassung" abwich, und Behörden sich allzeit korrekt um das Wohl der Bürger kümmern, wurde aus einem gebackenen "Amerikaner" eine schwer verdauliche Kost.

Besagter Bäckermeister fertigte nämlich seine Amerikaner aus einer gelieferten Backmischung mit 0 Gramm Vollei - ohne dies kenntlich zu machen. Lebensmittelkontrolleure nahmen daran Anstoß, weil aus ihrer Sicht gegen die Verkehrsauffassung verstoßen wurde, schließlich gehört nach allgemeiner Ansicht in ein Gebäck auch Ei. Das Landesuntersuchungsamt schrieb einen Prüfbericht, die Kreisverwaltung Bad Kreuznach wurde benachrichtigt und schaltete die Staatsanwaltschaft ein - und der Bäcker verstand die Welt nicht mehr, hatte er sich doch an das vorgegebene Rezept gehalten. Auch wenn die Staatsanwaltschaft am Ende das Ermittlungsverfahren wegen Geringfügigkeit einstellte, schaltete Galle aus Prinzip Justizministerium und Verbraucherschutzministerium ein, um das Vorgehen der Behörden zu thematisieren. Sogar Ämter in Hamburg wurden aktiv, um den Hersteller der Backmischung unter die Lupe zunehmen. Bei allem Verständnis für Verbraucherschutz konnte Galle zumindest nicht verstehen, dass eine vage "Verkehrsauffassung" so viel Wirbel auslöst. Am Ende musste er jedoch feststellen, dass trotz irgendwie undurchsichtiger Vorschriften sich alle Verwaltungen offenbar korrekt verhalten hatten. Um einen möglichst fachmännischen Rat und Geschmackstest über Amerikaner mit und ohne Ei zu erhalten, setzte Galle auch Landtagspräsident Joachim Mertes eine entsprechende Kostprobe vor. Der gelernte Bäcker, inzwischen stark figurbewusst, stellte jedoch lediglich fest, dass es sich um ein schweres fettiges Gebäck handelt, das mit Ei aufgelockert wird. Ansonsten nahm er vom persönlichen Genuss jedoch Abstand.

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