Namensdebatte Uni Trier Gastbeitrag von Michael Jäckel: Universität Trier – ein würdiger Name

Trier · Die akademische Welt lebt von Ideen und Personen. Dazu gehört die Würdigung wissenschaftlicher Lebensleistungen.

 Michael Jäckel

Michael Jäckel

Foto: Sheila Dolman

Die Universität Trier tut dies in diesem Jahr mit einem umfassenden wissenschaftlichen Programm, das Karl Marx gewidmet ist (Informationen dazu im Internet auf der Seite www.kmj2018.uni-trier.de). Einer der Höhepunkte ist ein internationales Symposium.

Zum Geburtstag des Philosophen gehört nun aber seit Jahren der Vorschlag, die Universität in eine dauerhafte und enge Verbindung mit Marx zu stellen. Eine Namensänderung bedarf der Zustimmung von Senat, Hochschulrat und Ministerium. Es gibt aufregendere Gedanken. Diese Vorschläge sind niemals wirklich ernsthaft vorgetragen worden, zumindest fehlte den Anliegen die entsprechende Überzeugungskraft: Es ist eher ein „intellektueller Schaukampf“.

Namensgebungen sind nicht trivial. Beim eigenen wird man bekanntlich nicht gefragt. Wer sich mit der Namensgebung in der Welt der Universitäten befasst, kann viele, vorwiegend kontroverse Episoden über die integrierende Kraft spezifischer Vorschläge finden.

Heute dominiert eher der Verzicht auf explizite Festlegungen. Das ist auch gut nachvollzieh- und begründbar: Im 21. Jahrhundert muss die Universität ihren Ort als gesellschaftliche Institution neu definieren. Bindungen an bestimmte Traditionen oder Personen passen nicht in diese Zeit.

Zu viele Anspruchsgruppen klopfen an die Tür. Universitäten haben einen treuhänderischen Auftrag. Sie sind nicht Anwalt bestimmter Ideen oder politischer Überzeugungen. Diese Neutralität hat nichts mit Selbstaufgabe zu tun, sondern signalisiert ein zentrales Kennzeichen: Offenheit.

Wählen wir daher die Begriffswelt von Marx und antworten: Der Mehrwert einer solchen Entscheidung ist nicht erkennbar, eher die Entfremdung, die eine solche auslösen würde. Mit seinem Kapital sollte man sorgsam umgehen. Denn eine Namensänderung wäre eine echte Entscheidung. Von einem durch Dialektik angetriebenen Fortschritt keine Spur. Kein Name »ist so gründlich und folgenreich gebraucht und missbraucht worden wie der von Marx« (Ralf Dahrendorf).

Bleiben wir also bei der Tradition, die im Jahr 1473 begann und bereits damals die überzeugte Verbundenheit mit dem Namen der Stadt signalisierte – bei allen Höhen und Tiefen, die aus dieser Zeit bekannt sind.

Auch der berühmte Marx-Satz über das gesellschaftliche Sein und das Bewusstsein würde bei konsequenter Anwendung wohl im Verzicht münden. Die Tradition unserer Universität würde durch diese Bindung  in einen tiefen Konflikt zwischen objektiver und subjektiver Kultur geraten. Wessen Wunsch sollte ein solcher Zustand sein?

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