"Gebührenfreie Kita ist keine Verschwendung" - TV-Interview mit der rheinland-pfälzischen Finanzminister Doris Ahnen

Mainz · Die CDU will, wenn sie im März die Landtagswahl gewinnt, bereits im kommenden Jahr einen schuldenfreien Haushalt vorlegen. Die rot-grüne Landesregierung plant das erst für 2020. Im Vorfeld der Haushaltsberatungen diese Woche im Landtag sprach unser Redakteur Bernd Wientjes mit der rheinland-pfälzischen Finanzministerin Doris Ahnen (SPD).

Frau Ahnen, Sie haben wegen der zunehmenden Zahl von Flüchtlingen im Land außerplanmäßige Ausgaben von 30 Millionen Euro angekündigt. Bis Ende des Jahres sollen weitere folgen. Trotzdem soll die Schuldenbremse greifen. Wie wollen Sie unter diese Bedingungen bis 2020 einen schuldenfreien Haushalt vorlegen?
Doris Ahnen: Wir haben in Rheinland-Pfalz den Vorteil, dass wir in den vergangenen Jahren sehr solide und vorsichtig gewirtschaftet haben. Wir sind auf dem beschlossenen Abbaupfad im Rahmen der Schuldenbremse schnell und gut vorangekommen und können deshalb die Flüchtlingssituation auch finanziell bewältigen. Wenn der Bund im Rahmen der gesamtstaatlichen Verantwortung seine Pflichten weiterhin erfüllt, können wir unsere Haushaltsziele erreichen.

Die CDU will 2016 schon einen schuldenfreien Haushalt vorlegen. Warum kann das die rot-grüne Landesregierung nicht? Wäre es nicht möglich gewesen, aufgrund guter Steuereinnahmen, die Neuverschuldung deutlich herunterzufahren?
Ahnen: Mit dem Haushalt 2016 senken wir das strukturelle Defizit weiter. Die CDU beziffert Einsparungen, ohne konkret zu sagen, wo gespart wird. Gleichzeitig fordert sie Mehrausgaben, wie soll das gehen? Das sind teilweise Luftbuchungen. Wir haben die Neuverschuldung deutlich her-untergefahren, trotz der großen Herausforderungen, aber auch trotz der ehrgeizigen Ziele für eine gute und gebührenfreie Bildung, die innere Sicherheit, die Energiewende.

Der Steuerzahlerbund wirft Rot-Grün vor, trotz guter Steuereinnahmen zu wenig zu sparen und Geld zu verschwenden. Als Beispiele nennt er kostenlose Kita, Landesgartenschau und Rheinland-Pfalz-Tag. Kann sich Rheinland-Pfalz solche, wie es der Steuerzahlerbund nennt, Prestigeprojekte überhaupt leisten?
Ahnen: Was für den einen Geldverschwendung, ist für die andere eine wichtige soziale Leistung. Gebührenfreie Kitas sind überdies ein wichtiger Standortfaktor. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für viele junge Familien ein wichtiges Gut - und damit auch für viele Arbeitgeber. Die nächste Landesgartenschau ist erst für 2022 geplant. Und der Rheinland-Pfalz-Tag ist ein großes Fest für die Bürger und kein Prestigeprojekt.

Ist aber kostenlose Bildung tatsächlich noch vertretbar?
Ahnen: In einem modernen Industrieland, und in Rheinland-Pfalz als High-Tech-Standort ganz besonders, ist gute Bildung die Schlüsseltechnologie. Wir wollen, dass der Zugang zu Bildung nicht vom Geldbeutel abhängig ist. Es gilt, Hürden abzubauen und einen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit zu leisten.

Wo wird im nächsten Jahr konkret gespart, und wie macht sich das bei den Bürgern und im Haushalt bemerkbar?
Ahnen: Wir lösen die Agentur für Qualitätssicherung, Evaluation und Selbständigkeit von Schulen auf, im Landesamt für Jugend, Familie und Soziales sparen wir fast 100 Stellen und in der Umwelt- und Landwirtschaftsverwaltung haben wir ein langfristiges Personalkonzept vereinbart, das mittelfristig über 200 Stellen einspart. Dabei haben wir darauf geachtet, dass es nicht zu starken Belastungen bei den Bürgern kommt.

Angesichts der aktuellen Sicherheitslage wird der Ruf nach mehr Personal für die Polizei immer lauter. Wird es über die geplante und laufende Personalaufstockung hinaus, mehr Geld für die Polizei und die innere Sicherheit in Rheinland-Pfalz geben?
Ahnen: Die innere Sicherheit ist immer ein wichtiges Thema, gerade auch nach den jüngsten Anschlägen. Deshalb wurden die Mittel für die Polizei bereits im Sommer beträchtlich aufgestockt. Selbstverständlich wird auch aktuell überprüft, ob weitere gezielte Verstärkung nötig ist.

Der Flughafen Hahn wird in diesem Jahr mindestens 16 Millionen Euro Verlust machen. Wie lange können und wollen Sie noch Geld in den Hahn stecken?
Ahnen: Die Landesregierung hat den Verkaufsprozess vorangetrieben. Wir alle wollen, dass der Hahn eine Zukunft als Flughafen hat - im Interesse der Menschen, die dort arbeiten, und im Interesse der Region, die wirtschaftlich davon profitiert.Extra

Doris Ahnen, 1964 in Trier geboren, war bis zum 12. November 2014 rheinland-pfälzische Bildungsministerin. Seitdem leitet die SPD-Politikerin das Finanzministerium in Mainz. Beim SPD-Bundesparteitag wurde sie vergangene Woche erneut in den Bundesvorstand der Partei gewählt. wie

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