Gefährliche Gewaltverbrecher im Visier

Polizei und Justiz im Land nehmen Mörder, Räuber und Sexualstraftäter ins Visier, sollten von ihnen nach Entlassung aus der Haft weiterhin Gefahren drohen. In einer Datenbank werden Informationen gesammelt und die Erkenntnisse ausgetauscht. Die Täter werden beobachtet und gezielt angesprochen.

Mainz. Grob geschätzt bis zu 2000 Straftäter in Rheinland-Pfalz gelten nach Ansicht der Behörden als "tickende Zeitbomben". Trotz der Verbüßung langjähriger Haftstrafen oder Therapien lässt sich bei ihnen nicht ausschließen, dass sie rückfällig werden. Dieser Gefahr wollen Innen-, Justiz- und Sozialministerium begegnen. Das Konzept heißt "Visier" und meint ein vorbeugendes Informations-Austauschsystem zum Schutz vor inhaftierten und entlassenen Rückfalltätern. Ziel ist, das Risiko zu minimieren und den Opferschutz und die Prävention zu verbessern.

Die Justiz stellt der Polizei frühzeitig Informationen zur Verfügung, die für deren Präventionsarbeit notwendig sind. Gleichzeitig teilt die Polizei der Justiz ihre Beobachtungen mit, um bei Bedarf eine sogenannte nachträgliche Sicherungsverwahrung (vereinfacht gesagt: die weitere Inhaftierung über ein Gerichtsurteil hinaus) zu ermöglichen. Auch das für den Maßregelvollzug und damit die Resozialisierung der Straftäter zuständige Sozialministerium informiert über seine Erfahrungen. Das Resultat ist eine Datenbank, in der erstmals systematisch alle Erkenntnisse über einen gefährlichen Straftäter gesammelt und ausgewertet werden, inklusive seines Aufenthaltsortes nach der Haftentlassung. Die Polizei werde die Täter nach dem Motto "Pass auf, du bist bei uns im Fokus!" ansprechen, sagt Innenminister Karl Peter Bruch.

Bruch und Justizminister Heinz Georg Bamberger verhehlen nicht, dass man sich in einem schwierigen Rechtsfeld befindet. Auf der einen Seite stehe die Bevölkerung mit ihrem großen und berechtigten Sicherheitsbedürfnis, auf der anderen Seite müsse den Tätern die Chance gegeben werden, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Die Maßnahmen zielten auf diejenigen ab, die man als untherapierbar einstufen müsse und von denen eine erhebliche Gefahr ausgehe. Hätten sie ihre Haft verbüßt und sei rechtlich keine Sicherungsverwahrung möglich, sei man bislang machtlos gewesen. "Wir wollen, dass keiner mehr durchs Raster fällt", sagt Bamberger.

Ähnliche Konzepte wie in Rheinland-Pfalz verfolgen acht weitere Bundesländer. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die Erkenntnisse auch länderübergreifend zur Verfügung gestellt würden, glaubt Innenminister Bruch.

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