Kriminalität Im Internet tobt der Hass - Wie Verfassungsschützer dagegen vorgehen

Mainz · Morddrohungen, rassistische Symbole, Posieren mit Waffen: Gegen Hetzer melden Verfassungsschützer im Land zarte Erfolge.

 Rheinland-pfälzische Sicherheitsbehörden melden mehr Fälle, in denen sie Internethetzer aufspüren konnten. Dafür gibt es Gründe.

Rheinland-pfälzische Sicherheitsbehörden melden mehr Fälle, in denen sie Internethetzer aufspüren konnten. Dafür gibt es Gründe.

Foto: dpa/Lukas Schulze

Der Eintrag im Netz, den rheinland-pfälzische Verfassungsschützer nach dem 31. Oktober 2019 lesen und der sich unter anderem gegen Außenminister Heiko Maas richtet, lässt ihre Nackenhaare weit nach oben stehen. Denn die Worte des anonymen Verfassers strotzen nur vor Menschenverachtung und tiefstem Hass. „Heute ist Halloween, bringt jeden um den ihr hasst. Schießt ihnen mitten ins Gesicht, amputiert ihre Genitalien! Haut ihnen den Hammer voll auf die Stirn. Blut muss bis zum Randstein stehen“, heißt es in dem grausigen Kommentar im Internet, in dem der Autor dazu aufrief, „menschlichen Müll“ zu schlachten und auszurotten.

Der Mann, der die Sätze schrieb, hat nun ein großes Problem. Denn weil rheinland-pfälzische Verfassungsschützer seit August 2019 mit neuen Kräften viel schärfer nach Internethetzern fahnden, spürten sie den Urheber trotz der Anonymität des Netzes auf – und leiteten den Eintrag an die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz weiter. Bis zu fünf Jahre Knast drohen ihm.

Verfassungsschutzchef Elmar May, Innenminister Roger Lewentz (SPD) und Landeskriminalamtschef Johannes Kunz (LKA) zogen am Mittwoch nach etwas mehr als einem halben Jahr ein erstes Fazit der so genannten „Task Force“, die anonymen rechtsextremen Internet-Schreibern den Kampf angesagt hat. An Fällen wie dem hasserfüllten Kommentar offenbarten sie auch, auf welchen Hass die Fahnder im Internet stoßen. In einem anderen Beispiel, das sie in ihrer Präsentation an die Wand warfen, rief ein Hetzer dazu auf, Juden zu töten. Ein anderer posierte breit grinsend mit einer Waffe.

Mit 37 Fällen habe sich die Einsatzgruppe seit ihrem Beginn beschäftigt. 31 davon seien an das LKA weitergeleitet worden, 33 Ermittlungsverfahren haben sich daraus ergeben, weil sich unter den einzelnen Meldungen manchmal mehrere Verdächtige oder Straftaten ergaben. Zwei Verfahren wurden eingestellt, der Rest der Fälle laufe noch, erläuterte LKA-Präsident Kunz. Andere Fälle gingen an Sicherheitsbehörden anderer Länder, in der Regel, weil sie keinen Bezug zu Rheinland-Pfalz hatten.

Der Anlass, den Druck auf Internethetzer zu verschärfen, war der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) im vergangenen Jahr, den ein Rechtsextremist begangen haben soll. Pöbler hatten Lübcke zuvor im Internet scharf angefeindet, ihm Mord angedroht. Der Tod des Politikers, der später erschossen auf seiner eigenen Terrasse gefunden wurde, zeigte erschreckend, wie kurz der Weg vom Wort zur Tat sein kann.

Kunz sagte, dass in Rheinland-Pfalz die gemeldeten Straftaten gegen Politiker und Parteien von 2018 bis 2019 von 25 auf 45 gestiegen seien. Lewentz betonte: „Die verbale Schärfe hat zugenommen. Die Taten mahnen uns, rechter Hetze entschieden entgegen zu treten.“ Mit dem Start der Einsatzgruppe zeigt er sich zufrieden, hofft darauf, mögliche Täter abzuschrecken. In Rheinland-Pfalz gelte eine „Null-Toleranz-Strategie“.

Die Einsatzgruppe steckt trotzdem noch in den Kinderschuhen. Im LKA gibt es zwei Ermittlungsbeamte, die sich um die von der Taskforce weitergereichten Fälle kümmern und sie auf strafrechtlich Relevantes prüfen. Von fünf Stellen beim Verfassungsschutz sind bisher zwei besetzt, die anderen sollen es bis zum Ende des ersten Halbjahres 2020 sein. Beim LKA ist eine der Stellen bislang besetzt, die zweite soll es bis zum Herbst dieses Jahres sein. Es werde bewusst auf Experten mit unterschiedlichen beruflichen Werdegängen gesetzt, erklärte Lewentz.

Die Taskforce beobachtet sechs Plattformen im Internet regelmäßig, darunter Facebook oder das laut Verfassungsschutz in rechten Kreisen häufig genutzte russische Netzwerk vk.com. Weitere Plattformen oder Foren würden fallbezogen betrachtet, sagte Elmar May. Vereinzelt gehe es auch um Vorgänge im Darknet, dort sei die Identifizierung von Tätern aber besonders schwer.

Es gehe darum, an Verfasser von Hass- oder Hetze-Posts zu kommen und mehr über rechte Netzwerke herauszufinden, sagte Lewentz. Neben technischen Schwierigkeiten, Täter zu identifizieren und zu lokalisieren, bestünden teils auch rechtliche Hürden bei der Verfolgung von Hass und Hetze im Netz.

Es müsse stets abgewogen werden zwischen dem Vorwurf der Beleidigung und dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung.

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