Geheime Infos auf dem stillen Örtchen

MERTESDORF. Erst tief in der Nacht hat Peter Rauen seine Kandidatur gegen Christoph Böhr erklärt. Dem voraus ging eine teils heftige Debatte des Trierer Bezirksvorstands hinter verschlossenen Türen.

Die Bombe platzte kurz vor Mitternacht. Über zwei Stunden hatten die 32 Mitglieder des CDU-Bezirksvorstands Trier bereits hinter verschlossenen Türen im Mertesdorfer Vier-Sterne-Hotel Weis über das parteiinterne Hickhack bei der Kandidatensuche diskutiert, als Bezirkschef Peter Rauen plötzlich seinen Hut in den Ring warf: "Ich bin bereit, gegen Christoph Böhr anzutreten." Gerüchte, dass es an diesem Abend in Mertesdorf möglicherweise eine entscheidende Wende geben könnte, hatte es bereits am Dienstagnachmittag gegeben, nachdem die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse ihren endgültigen Verzicht auf eine Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2006 erklärt hatte und die Böhr-Kritiker signalisierten, es werde weiter nach einer Alternative gesucht. Dabei fiel - neben anderen - auch der Name Peter Rauen. Dienstagabend, kurz vor 20 Uhr, Parkplatz Hotel Mertesdorf: Im Minutentakt fahren die Vorstandsmitglieder des CDU-Bezirks Trier vor. Die meisten hasten mit kurzem Kopfnicken an den wartenden Journalisten vorbei in Richtung Maximiner Saal. Herbert Theisen ist einer der wenigen, der stehen bleibt und die Sprache nicht verloren zu haben scheint: "Unsere Mitglieder machen diesen Zirkus nicht mehr mit", echauffiert sich der Vize-Landeschef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) über die innerparteilichen Streitereien der letzten Wochen. Theisen nennt einen der seiner Meinung nach Hauptstörenfriede beim Namen: CDU-Bezirkschef Peter Rauen. "Der sollte sofort zurücktreten", sagt der CDA-Funktionär. Der so Gescholtene sitzt zu diesem Zeitpunkt noch im Auto. "Der Flieger aus Berlin hatte Verspätung", sagt Rauen, als er mit 30-minütigem Verzug um kurz nach halb neun Uhr in Mertesdorf erscheint. Sonst sagt er nichts, "vielleicht nach der Sitzung". Seine Begleitung, der Cochem-Zeller CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Bleser, ist auch nicht gesprächiger. "Warten wir's ab", meint der 52-Jährige, dessen überraschendes Auftauchen die Gerüchteküche abermals zum Brodeln bringt. Eigentlich gehört Bleser nämlich dem CDU-Bezirk Koblenz-Montabaur an. Weil sein Wahlkreis aber auch den Altkreis Bernkastel-Kues einschließt, darf der gelernte Landwirtschaftsmeister auch an den Trierer Sitzungen teilnehmen. Von diesem Recht macht Bleser allerdings normalerweise keinen Gebrauch. Es musste also einen Grund geben für sein Erscheinen. 21.30 Uhr, an der Rezeption im Hotel Weis. Die Situation ist reichlich skurril: Links im Maximiner-Saal sitzen 32 CDU-Funktionäre und reden sich die Köpfe heiß, wie an ihren Gesten durch die milchverglaste Eingangstür zu erkennen ist. Rechts von der Rezeption, in einem anderen Saal, schmettert derweil eine weinselige und fröhlich jauchzende Seniorenrunde deutsches Liedgut. Eine Stunde später dringt die erste "heiße" Information aus der nach wie vor hart diskutierenden CDU-Runde nach draußen. "Der Peter Rauen wirft seinen Hut in den Ring", flüstert ein Vorständler, als ihm die wissbegierigen Journalisten sogar aufs stille Örtchen gefolgt sind. Bis sich die Information bestätigt, vergeht noch mal eine halbe Stunde. Um kurz nach 23 Uhr öffnet sich die Saaltür, strömen die Mandatsträger ins Foyer. "Beratungspause", sagt ein Vorständler und hastet rasch weiter. Auch Peter Rauen geht an den wartenden Journalisten wortlos vorbei. Kandidiert er nun oder kandidiert er nicht? Kein Vorständler antwortet, zu groß die Angst, dass die jeweilige Gegen-Seite Gesprächsfetzen aufschnappen könnte. Endlich nickt einer auf die Frage "Macht's Rauen?" kurz mit dem Kopf. Die Journalisten haben ihre Story - obwohl die Sitzung noch nicht zu Ende ist. Nach einem kurzen Smalltalk mit Ex-Ministerpräsident Carl-Ludwig Wagner und Böhr-Kritiker Alexander Licht (Bernkastel-Wittlich) bricht auch Rauen sein Schweigen. "Ich trete an", sagt der Salmrohrer, nachdem er erst minutenlang zu erklären versucht, wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist.Abschiedsbierchen an der Theke

Dann schließt sich wieder die Milchglastür zum Maximiner Saal. Die geheime Abstimmung über den Spitzenkandidaten um "genau fünf vor Zwölf", wie ein Teilnehmer später spöttelt, bringt das von Rauen erwartete Ergebnis: 21 Stimmen für den Trierer Böhr, elf für seinen Salmrohrer Herausforderer. "Ich kandidiere trotzdem", sagt der Unterlegene, als die Sitzung kurz darauf zu Ende ist und die Vorständler noch zu einem Abschiedsbierchen an die Theke pilgern. Den meisten ist die Erleichterung deutlich anzumerken, dass nun endlich der lange angekündigte zweite Kandidat feststeht, auch wenn es womöglich nicht ihre erste Wahl ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort