Geld ist nicht alles

TRIER. Wie hat sich das Familienbild in den vergangenen Jahren gewandelt? Was muss die Politik tun, um Eltern und Kinder besser zu fördern? Fragen, mit denen sich eine Tagung des katholischen Familienbunds auf der Katholischen Akademie beschäftigte.

Der Staat ist in einem Dilemma. Er gibt Milliarden für die Familien aus, doch mehr Kinder kommen seit Jahren nicht auf die Welt. Die Geburtenrate ist so niedrig wie noch nie. Geht die finanzielle Förderung von Familien etwa am Bedarf vorbei? "Ja", sagt Markus Warnke, Geschäftsführer des Familienbunds der Katholiken. Es bestehe keine echte Wahlfreiheit, ob ein Elternteil sich ausschließlich um die Erziehung der Kinder kümmert oder wieder zurück in den Job geht; derzeit werde nur gefördert, dass beide Elternteile arbeiten gehen sollen. Auch das neue Elterngeld ab 2007 (maximal 14 Monate lang 67 Prozent des Gehalts für den Elternteil, der zu Hause bleibt), ziele nur darauf ab, Mütter so schnell wie möglich wieder in den Job zu bringen, kritisiert Warnke. "Aus Sicht der Politik hat es keinen gesellschaftlichen Nutzen, wenn Eltern sich für Familie statt für den Beruf entscheiden", sagt Warnke. Das sei ein klarer Wechsel der Prioritäten. Bis vor einigen Jahren sei das politische Idealbild der Familie noch die klassische Rollenverteilung gewesen: Papa geht arbeiten, Mutter ist Hausfrau und kümmert sich um die Kinder. Eine Forderung, die nicht erst seit den umstrittenen Thesen der Ex-Tagesschausprecherin Eva Herman wieder heftig diskutiert wird. Was ist besser für die Kinder: Betreuung durch fremde Personen oder Erziehung ausschließlich durch die Eltern? Darf eine Mutter überhaupt wieder in den Job gehen? Bei der Tagung auf der Katholischen Akademie geht keiner der Referenten so weit, den Frauen das Recht auf den Beruf abzusprechen. Doch vor allem Vertreter des Frauenbunds und der Katholiken halten es für am besten, wenn ein Elternteil sich ausschließlich um die Kinder kümmert. Wie etwa Manfred Thesing, Vorsitzender des Katholikenrates im Bistum, seit 19 Jahren überzeugter Hausmann. Er fordert ein Erziehungsgehalt. Dieses gebe den Eltern echte Wahlfreiheit: Betreuung einzukaufen und beide arbeiten zu gehen - oder ein Teil bleibe daheim. Man schreibe niemanden vor, wie er zu leben hat, und wie er seine Kinder erzieht, wehrt sich Wolfgang Hötzel vom Mainzer Familienministerium. Die Politik müsse die verschiedenen Lebensformen berücksichtigen und respektieren und dürfe nicht mehr länger nur die Ehe als alleinige Idealform fördern. Eine Forderung, die auch Warnke unterstützt, für die er aber zumindest ermahnende Worte des Generalvikars Georg Holkenbrink erntet. Es gebe zwar andere Lebensformen und Partnerschaftsmodelle, doch die Ehe sei ja wohl immer noch die schützenswerteste, versucht der Kirchenmann das katholische Weltbild bei der Tagung wieder geradezurücken. Man müsse sich schon fragen, ob die Familienpolitik bislang nicht einseitig finanziell ausgerichtet sei und weniger die Verbesserung des Umfeldes für Familien im Blick gehabt habe, sagt Ministeriumsvertreter Hötzel. Denn neben Geld verlangten Eltern vor allem mehr Zeit und familienfreundliche Bedingungen. Und gerade bei der Infrastruktur für Familien gebe es noch enorme Defizite. Woran es wirklich hakt, trotz Elterngelds und Absetzbarkeit von Betreuungskosten, trotz Kindergelds und mehr Kindergartenplätzen, das zeigt sich immer wieder im Alltag von Vätern und Müttern. Beispiel Ganztagesbetreuung: Viele Kindergärten sind noch immer zu unflexibel, eine tageweise Ganztagsbetreuung ist nicht möglich. Beispiel Bebauungspläne: Behindertenfreundlichkeit ist längst selbstverständlich, Familienfreundlichkeit aber nicht. Das müsse sich ändern, sagt Hildegard Weber, Vorsitzende des Familienbundes im Bistum: "Ohne Familien ist kein Staat zu machen."

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