Geldstrafen für Kollisions-Kapitäne

BITBURG. (iz) Das Bitburger Amtsgericht verhandelte eine Schiffskollision in der Ostsee mit Todesfolge: Zu Geldstrafen von 120 beziehungsweise 60 Tagessätzen zu je 60 Euro wurden zwei Kapitäne wegen fahrlässiger Tötung und gefährlichen Eingriffs in den Schifffahrtsverkehr verurteilt.

Der Laie staunte und der Fachmann wunderte sich: Das Bitburger Schöffengericht befasste sich mit einem Fall, der sonst eher vor ein "Seegericht" gehört. Unter dem Vorsitz von Werner von Schichau ging es um eine Schifffahrts-Kollision mit tödlichen Folgen. Weil einer der beiden angeklagten Kapitäne aus dem Prümer Raum stammt, fand die gestrige Verhandlung nicht an der See, sondern in der Eifel statt.Drei Matrosen fanden den Tod

Einige Seemeilen vor der Küste von Gotland in der Ostsee kam es am 27. April 2002 zu einer Schiffskollision, bei der drei Matrosen getötet wurden. Die "MS Smaland" war mit ihrem Kapitän Manfred S. auf dem Weg von Schottland nach Finnland, um Holz zu laden. Aus der entgegengesetzten Richtung waren die "MS Nikar G" und ihr Kapitän Paul P. bei "schönem Wetter" auf Kurs gen Süden, wie es in der Anklage hieß. "Es war ein Augenblicksversagen", wie sich die beiden Strafverteidiger vor Gericht ausdrückten, dass beide Schiffe fast frontal aufeinander stießen. An der MS Smaland entstand ein Schaden von rund 590 000 Euro. Der Schaden an der MS Nikar G wurde auf 177 000 Euro beziffert. "Ich habe das Schiff auf dem Radar nicht gesehen, warum, dass weiß ich nicht", sagt Kapitän S., der durch den Unfall drei tote Matrosen zu beklagen hatte. Sie wurden im vorderen Teil des Schiffs eingeklemmt und dabei getötet. "Grobe Fahrlässigkeit" warf ihm die Staatsanwaltschaft vor, denn der Kapitän soll "Kaffee gemacht" und dadurch seine Aufsichtspflicht verletzt haben. Kapitän P. hatte im Gegensatz zu seinem Kollegen dessen Schiff schon einige Seemeilen vorher auf dem Radar gesehen und seinen Kurs leicht korrigiert, "um einen Zusammenstoß zu verhindern". Dann studierte er aber das Seebuch für die Einfahrt in Stettin und kontrollierte die weitere Fahrt nicht mehr. Erst wenige Sekunden vor der Kollision sahen beide das Unheil in Form des jeweils anderen Schiffes auf sich zukommen, "doch bei einem Bremsweg von etwa einer Seemeile (rund 1,8 Kilometer) war ein Handeln nicht mehr möglich beziehungsweise völlig uneffektiv", so die Kapitäne. Gegenseitige Schuldvorwürfe seien fehl am Platz, dass sahen beide Kapitäne ein. Und doch konnte sich keiner das Verhalten des anderen erklären. Beide Angeklagten gestanden vor Gericht, einen Fehler gemacht zu haben. Schließlich hatten sie gegen die geltenden "Kollisionsverhütungsregeln" verstoßen. Sie bedauerten, dass es zu solchen Folgen gekommen ist. "Es ist unverständlich", meinte Oberstaatsanwalt Hans-Peter Hemmes, "auf das Land bezogen wäre dies fast so, als würden zwei Traktoren auf freie Strecke mit 20 Kilometern in der Stunde aufeinander prallen!" Dies war auch ein Problem für das Gericht. Werner von Schichau versuchte stets, die Fachbegriffe aus dem Bereich der Nautik ins "Flachländische" zu übertragen. 18 Monate Haft für Kapitän S. und 15 Monate Haft für Kapitän P. forderte die Staatsanwaltschaft, jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Dem wollte das Gericht nicht folgen und sprach eine Geldstrafe gegen die beiden Kapitäne aus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort