Gesetzesentwurf gegen die Verbrechensbekämpfung - Mehr Kameras braucht das Land

Mainz · Nummernschild-Scanner und mehr Video-Überwachung: In die Richtung geht ein Gesetzentwurf der Ampelkoalition. Das Dokument liegt dem TV vor.

Ein kurzes Gedankenspiel: Flieht ein Terrorist mit einem gestohlenen Auto von Belgien nach Rheinland-Pfalz, fahndet die Polizei nach dem Kennzeichen, um den Mann im besten Fall zu erwischen. Momentan klappt das aber nur mit einem schnellen Auge, Notizzettel und Kugelschreiber, sagen Spötter. Denn bislang verzichtet das Land auf Geräte, die Kennzeichen auf Straßen automatisch scannen und direkt aus schlagen, wenn sie das gesuchte Nummernschild erwischen.

Das könnte sich bald ändern. Innenminister Roger Lewentz (SPD) liebäugelte schon nach dem LKW- Attentat in Berlin damit, auf die technische Kennzeichenerfassung setzen zu wollen. Bestellt hat das Land aber noch kein Gerät, "das Block und Stift digitalisieren würde", wie ein Ministeriumssprecher sagt. Der Grund: Für die Kennzeichen-Lesegeräte braucht es eine rechtliche Grundlage. Und die er arbeiten derzeit die Ampelfraktionen aus SPD, FDP und Grünen mit Änderungen des rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG), die sie bis zur Sommerpause verabschieden wollen.

Der Gesetzentwurf liegt dem TV bereits vor. In diesem sprechen sich die Parteien für die Nummernschilderfassung aus - und setzen zugleich klare Grenzen. Diese soll demnach anlassbezogen, vorübergehend und nicht flächendeckend sein. Zum Einsatz kommen soll die Kennzeichenerfassung unter anderem, wenn sie "eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben, Freiheit oder Eigentum" ab wehrt. Die Formulierung könnte der Polizei helfen, die Geräte nicht nur gegen Gewalttäter einzusetzen - sondern auch gegen Einbrecherbanden. Regeln legen die Parteien beim Datenschutz fest: "So fern das ermittelte Kennzeichen nicht im Fahndungsbestand enthalten ist, sind die erhobenen Daten sofort nach Durchführung des Datenabgleichs automatisiert zu löschen", heißt es.

Deutlich leichter könnte die Polizei dazu künftig Menschenmassen aufnehmen. Nach dem Gesetzentwurf darf die Polizei künftig bei bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen offen filmen, an denen voraussichtlich mehr als 500 Personen zeitgleich teilnehmen - "zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten". In einer internen Begründung heißt es, die neu geschaffene Regel die ne der "Abwehr von terroristischen Straftaten". Aufnahmen sollen unverzüglich zu löschen sein, sofern sie nicht dazu beitragen, Straftaten verfolgen oder verhüten zu können.
Nach 30 Tagen verschwinden sollen genauso Daten, die durch den flächendeckenden Einsatz von Körperkameras der Polizei, den so genannten Bodycams, entstehen. Die gut vier Wochen sollen zugleich als Einspruchsfrist dienen, wenn Betroffene sich ungerecht von der Polizei behandelt fühlen und das über Aufnahmen beweisen wollen.

Dazu schafft das Gesetz den Polizei-Ermittlern eine deutlichere Rechtsgrundlage, um mögliche radikale Gefährder zu überwachen. Bei Mitteln der verdeckten Datenerhebung nimmt der Entwurf Menschen auf, deren Verhalten "die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass sie innerhalb eines übersehbaren Zeitraums" eine schwere Straftat begehen, die darauf zielt, die Bevölkerung ein schüchtern, Grundstrukturen eines Staates zu beseitigen oder durch ihre Auswirkungen einen Staat erheblich schädigen kann. Ob die Polizei Schritte einleiten darf, soll das zuständige Amtsgericht entscheiden.

Die elektronische Fußfessel als Vorbeugung gegen mögliche Gefährder einzusetzen, taucht dagegen in dem Gesetz nicht auf. Innenminister Roger Lewentz (SPD) und insbesondere FDP-Justizminister Herbert Mertin zeigten sich schon im Januar kritisch bei dem Mittel - die CDU im Land pochte hingegen darauf.

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