Gewerkschaften begrüßen Polizeireform

Mainz · Aufatmen bei Bürgern und Gewerkschaften: Der von vielen befürchtete Spar-Rundumschlag bei der Polizei im Land bleibt aus. Kritik an den Reformplänen von Innenminister Roger Lewentz (SPD) gibt es dennoch.

Mainz. Manchmal kann Ministerpräsident Kurt Beck anscheinend hellsehen. "Der Protest gegen die Polizeireform wird als Sturm im Wasserglas enden", prophezeite er vor wenigen Tagen gegenüber Journalisten. Die Reaktionen nach der Entscheidung von Minister Lewentz geben ihm recht.
"Ich begrüße, dass die Strukturen der Dienststellen erhalten bleiben", kommentiert der Trie-rer Josef Schumacher, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die Veränderungen bei der letzten, großen Reform 1993 hätten sich bewährt. Die Deutsche Polizeigewerkschaft im DBB (Deutscher Beamtenbund) signalisiert Erleichterung. Landtagsabgeordnete von SPD, Grünen und CDU jubeln in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter über den Fortbestand ihrer heimischen Inspektionen und Wachen.
Schelte von der CDU


Der GdP-Landesvorsitzende Ernst Scharbach bedankt sich herzlich bei den Bürgern, "die sich sehr für ihre Polizei eingesetzt haben". Minister Lewentz verhehlt nicht, dass ihn das in seiner Entscheidung maßgeblich beeinflusst hat. Einen anderen Grund dafür, keine Dienststellen zu schließen, nennt Staatssekretärin Heike Raab: "Hätten wir zum Beispiel Morbach schließen wollen, hätten wir in Bernkastel-Kues investieren müssen. Dort gibt es nicht genug Räume." Der zunächst angepeilte Sparbeitrag wäre damit zunichte gewesen.
Alles Friede, Freude, Eierkuchen also? Mitnichten. Die CDU klagt, Minister Lewentz habe seine Entscheidungen einfach der Presse verkündet, ohne zuvor das Parlament einzubinden. "Respekt gegenüber dem Landtag und den frei gewählten Abgeordneten sieht anders aus", schimpft Fraktionsvize Adolf Weiland. Sein Kollege Matthias Lammert moniert, zentrale Probleme wie die der polizeifremden Aufgaben und der hohen Überstundenbelastung seien nicht angepackt worden.
Offenbar steckt der Teufel aber auch im Detail. So macht Gewerkschafter Josef Schumacher darauf aufmerksam, der Minister dürfe "die Behörden nicht im Regen stehen lassen" und müsse den Wechselschichtdienst der Polizei personell verstärken. "Wir brauchen 10 000 ausgebildete Polizisten im Land", sagt Schumacher. Der Innenminister will hingegen bis 2016 weniger Anwärter einstellen und so den Personalstand - wie im rot-grünen Koalitionsvertrag vorgesehen - auf 9014 Beamte senken.
Kritisch bewertet Experte Schumacher, dass die Organisation bei der Kriminalpolizei gestrafft werden soll. Dahinter verberge sich die Zusammenlegung von Kommissariaten. Es mache jedoch keinen Sinn, das K1 Gewaltdelikte mit dem K2 Gewalt in engen sozialen Beziehungen oder das K6 Umweltkriminalität mit dem K4 Betrugsdelikte zu verschmelzen.
"Man gibt damit die Spezialisierung auf, was zu Lasten der Aufklärungsquote gehen dürfte", moniert Schumacher.

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