Europawahl Gewerkschaften und Unternehmer warnen vor Wahl der AfD

Trier/Mainz · Verbände im Land rufen gemeinsam auf, europafeindlichen Parteien die Stimme zu verweigern. Sie fürchten einen deutschen Austritt aus der EU. Die AfD kritisiert die Aktion.

Gewerkschaften und Unternehmer warnen vor Wahl der AfD
Foto: dpa/Olivier Hoslet

Unternehmer und Gewerkschafter in Rheinland-Pfalz warnen, dass die EU nach der Europawahl populistischen Kräften in die Hände fällt. Im Land ziehen die alten Klassenfeinde daher vor dem 26. Mai an einem Strang und sprechen sich erstmals in ihrer Geschichte gemeinsam gegen die Wahl einer populistischen Partei aus. In Rheinland-Pfalz nennen die Landesvereinigung der Unternehmerverbände (LVU) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in einem Interview mit unserer Zeitung dabei die AfD.

„Das Schicksal Europas steht auf dem Spiel“, sagt LVU-Chef Gerhard Braun. Dietmar Muscheid, Landeschef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, nennt es einen „Anachronismus, dass sich nationalistische Parteien zur Wahl stellen, um Europa abzuschaffen“. Bei der AfD stören sich die Flügel von Arbeitgebern und Arbeitnehmern an dem Europawahlprogramm. Die Partei spreche darin gar von einem „Dexit“ – einem möglichen Austritt Deutschlands aus der EU.

Braun warnt, mit einem solchen Schritt fielen alle Vorzüge eines starken Europas im Weltmarkt weg, es gäbe Grenzkontrollen mit wahnsinnigen Mehrkosten für Unternehmen. Deutschland würde das Wohlstand und Beschäftigung kosten.

Die AfD wolle alles abschaffen, wofür Europa stehe, behauptet Muscheid. Die Gefahr, mit dem Aufruf Teile der eigenen Basis zu verprellen, teilt der DGB-Mann nicht. Bei der Bundestagswahl 2017 landete die AfD insgesamt bei 12,6 Prozent, unter Gewerkschaftswählern aber bei 15 Prozent. Es sei Aufgabe aller demokratischen politischen Kräfte, sich mit den Ursachen der Unzufriedenheit auseinanderzusetzen, sagt Muscheid, der von der Politik erwartet, offensiver für europäische Errungenschaften zu werben. Der Gewerkschafter fordert nach der Europawahl eine Sozialunion, die Maßstäbe bei Mindestlöhnen, Altersvorsorge und Gesundheitsversorgung setze. Die Gaulands, Salvinis und Orbáns dürften nur eine vorübergehende Episode der Geschichte sein.

Der rheinland-pfälzische AfD-Chef Uwe Junge kritisiert den Aufruf zur Nicht-Wahl seiner Partei. „LVU und DGB fügen sich selbst den größten Schaden zu. Bei den tiefroten Gewerkschaften verwundert mich dieser Vorstoß keineswegs – bei der LVU schon eher“, sagt Junge. Der Politiker dementiert, dass seine Partei Europa schwächen wolle. Hinter dem AfD-Konzept eines „Europas der Vaterländer“ stehe der Kerngedanke von Adenauer und de Gaulle, Nationen und Bürger zu stärken. Er sei sich sicher, dass die Mitglieder beider Verbände ihren Vorständen nicht dankten. „Solche Aktionen stärken die AfD eher, als dass sie dabei Schaden nimmt.“

Parteienforscher Uwe Jun sagt, es fehle bislang an fundierten Studien, ob solche Aufrufe den Wähler beeindruckten. Der Trierer rechnet den europaskeptischen Parteien Chancen zu, zweit- oder drittstärkste Fraktion im Europäischen Parlament zu werden. In jüngsten Umfragen lag die Union (29 Prozent) vor der SPD und den Grünen (je 19 Prozent), die AfD kam auf zehn Prozent. Laut dem ARD-Deutschlandtrend interessieren sich Deutsche stärker für die Europawahl als 2014.

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