Gigantische Legende

MAINZ. (win) Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Christoph Böhr hat ein "klares Votum" des SPD-Vorstandes für die große Koalition verlangt. Nachdem sich die SPD-Parteispitze "zerlegt" habe, stelle sich die Frage, was Einigungen noch wert seien, so Böhr.

Nach dem angekündigten Rückzug von SPD-Parteichef Franz Müntefering kann nach Einschätzung von CDU-Bundesvize Böhr in den Koalitionsverhandlungen nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden. Angesichts der Mehrheit für die SPD-Linke Andrea Nahles im Vorstand müsse geklärt werden, ob der Linksruck die Geschäftsgrundlage der Verhandlungen verändert habe, sagte Böhr in Mainz. Er fordert ein klares Votum der Sozialdemokraten für die große Koalition. Selbst wenn ein Parteichef Matthias Platzeck für diese Koalition eintrete, stelle sich die Frage, was eine mögliche Einigung am Ende wert sei. Ein Bündnis mit der SPD sieht Böhr "noch lange nicht in trockenen Tüchern". Das angebliche "gigantische Missverständnis", das zum Rücktritt Münteferings führte, entpuppt sich nach seinen Worten als "gigantische Legende". Er bezweifelt, dass der SPD-Vorstand das auf beiden Seiten "ungeliebte Kind große Koalition" wirklich noch will. Die Vorgänge bei den Genossen, aber auch der Rückzug des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber nach München hat nach seiner Überzeugung zu einem zusätzlichen rasanten Vertrauensverlust der Politik geführt. Mit einer Umfrage will die Landes-CDU in den kommenden Wochen mehr über die Stimmung im Land und die Erwartungen der Rheinland-Pfälzer an die Politik erfahren. Bis zu 5000 Wähler sollen befragt werden. Die CDU wolle wissen, "was den Leuten unter den Nägeln brennt", so Böhr. Nach Angaben des Trierer Politikwissenschaftlers Professor Hans-Joachim Veen, der die Umfrageaktion entwickelt hat, soll das Projekt nicht nur die CDU als "lernende Partei" präsentieren, die ein offenes Ohr für die Belange der Menschen hat, sondern auch die Unions-Mitglieder im Wahlkampf mobilisieren und den Dialog zwischen Politik und Bürger anstoßen. Interviewer werden CDU-Mitglieder sein. Die Ergebnisse der Befragung sollen auch Hinweise für das Wahlprogramm geben. Laut Veen wird die Umfrage durch eine große Teilnehmerzahl auch bis zu einem gewissen Grad repräsentativ sein. Zwar soll nicht die berühmte Sonntagsfrage nach dem Wahlverhalten abgefragt werden. Doch geht es unter anderem um politische Schwerpunkte und die Zufriedenheit mit der Landesregierung.

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