Gläserne Gesellschaft im weltweiten Netz

Jeder zweite junge Deutsche stellt persönliche Daten ins Netz. Von "virtuellem Exhibitionismus" reden Daten- und Jugendschützer bereits. Massenhaft persönliche Spuren zu hinterlassen, ist dabei nicht ohne Risiko.

Mainz. Soziale Netzwerke zum zwischenmenschlichen Austausch wachsen rasant im Internet, bieten Gesprächsräume, Kontaktbörsen oder Tagebücher- und rufen verstärkt Daten- und Jugendschützer auf den Plan, die davor warnen zu unbedarft persönliche Informationen oder Lebenssituationen im weltweiten Netz preiszugeben. Offenbar gibt es kein besonders ausgeprägtes Gefühl mehr für den vorsichtigen Umgang mit den persönlichen Angaben, wie der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Edgar Wagner bei der Fachtagung "Denn sie wissen nicht was sie tun..." zum wenig ausgeprägten Datenschutzbedürfnis der Online-Generation feststellt. Millionen Anwender tummeln sich teilweise in den sozialen Foren und sind sich offenbar nur unzureichend bewusst, wie schnell sie in digitalen Dossiers landen, von Personensuchmaschinen erfasst oder unfreiwillig mit anderen Netzen verlinkt werden. Ganz zu schweigen von den Möglichkeiten, die Datenbanken wirtschaftlich zu nutzen, also als E-Mail-Verteiler an Unternehmen zu verkaufen oder als Informationsbank für Personalchefs, die Bewerber ohne besonderes Aufheben überprüfen wollen."Kinder wissen viel über das Internet, aber sie übersehen die Gefahren", warnt Klaus Schimmer, Sicherheitsmanager des Unternehmens SAP und Mitautor einer Studie des der europäischen Netzwerk und Information Sicherheitsagentur Enisa. Nutzer seien sich oft nicht bewusst, wie viele Leute ihre Profile tatsächlich lesen, heißt es in der Studie. Sie vergleicht soziale Netzwerke mit digitalen Cocktailpartys - allerdings mit vielen uneingeladenen Gästen. Für Friedemann Schindler vom Mainzer jugendschutz.net ist es zentral, dass die Plattformen sich in der Nutzung nur weiter öffnen können, wenn dafür eine ausdrücklich Zustimmung des Nutzer vorliegt. Cocktail-Party mit ungebetenen Gästen

Neben der Kontrolle von jugendgefährdenden Darstellungen im Netz beschäftigt sich seine Einrichtung immer häufiger auch mit Daten-Missbrauch in Netzwerken und kommerziellen Risiken beschäftigt.Nach Einschätzung des Juristen Sebastian Gutknecht von der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Nordrhein-Westfalen liegt in der Medienkompetenz der Schlüssel zum effektiven Schutz vor den Risiken des Netzes. Nicht zuletzt auch um die Verbreitung von Ehrverletzungen und Demütigungen zu bremsen. Einen wirksamen Lerneffekt gab es an einer Schule in Köln, als der Lehrer die über die Schüler im Netz erhältlichen Informationen mit in eine Klasse brachte und verteilte. Man sei wenig begeistert gewesen, sagte Gutknecht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort