Glocken, Rasenmäher und Gebell: Zahl der Lärmbeschwerden steigt

Trier · Auf Lärm reagieren Stadtmenschen zunehmend sensibel. So muss das Trierer Ordnungsamt immer öfter wegen Ruhestörungen ausrücken. Auch auf dem Land sind es meist zugezogene Städter, die sich über ihre Nachbarn beklagen.

 Unerträglicher Krach von nebenan? Florian hält es auf unserem Symbolbild nicht mehr aus und rettet sich mit Kopfhörern. Sichtbar sauer ist er trotzdem. Foto: dpa

Unerträglicher Krach von nebenan? Florian hält es auf unserem Symbolbild nicht mehr aus und rettet sich mit Kopfhörern. Sichtbar sauer ist er trotzdem. Foto: dpa

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Sie klagen über laute Musik, spielende Kinder, Rasenmäher zur Mittagsruhe, Hundegebell, nächtliches Telefonieren auf dem Balkon, die Probe des Musikvereins. Immer schneller sind Menschen offenbar bereit, zum Hörer zu greifen, um sich beim Ortsbürgermeister, beim Ordnungsamt oder der Polizei über Ruhestörungen zu beklagen. "Die Beschwerdeanrufe nehmen von Jahr zu Jahr zu. Offensichtlich werden die Menschen immer sensibler, andererseits auch immer rücksichtsloser", sagt Dieter Jacobs vom Trierer Presseamt. Rund 150 Mal mussten seine Kollegen vom Ordnungsamt 2016 bereits ausrücken.

Verlässliche Statistiken zu diesem Thema gibt es nicht. Doch eine TV-Umfrage unter Ordnungsämtern der Region legt nahe, dass Städter sich eher über den Lärm ihrer Nachbarn beklagen als Menschen vom Dorf. Allerdings "exportieren" Städter dieses Verhalten aufs Land.

Thomas Brost von der Verbandsgemeindeverwaltung Obere Kyll hat festgestellt, dass Neubürger anders mit Lärm umgehen als "Ureinwohner". Die Bereitschaft, sich zu beschweren, sei höher. "Vielleicht liegt es daran, dass in Städten alles anonymer ist. Man kennt den Nachbarn nicht und kann leichter gegen ihn vorgehen", sagt Brost, der ebenfalls mehr Beschwerdefälle registriert. Auch die Verbandsgemeinde Südeifel stellt fest, dass es in kleinen Dörfern weniger Klagen gibt. Thomas Müller, Bürgermeister von Tawern, sagt: "Die Toleranzgrenze scheint gerade bei denjenigen zu sinken, die nicht auf dem Dorf groß geworden und die nicht integriert sind." Es gehe schon so weit, dass die Gemeinde bei Grundstücksverkäufen im Vertrag festhalte, dass Lärm - etwa vom Sportplatz - im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben toleriert werden müsse.

Selbst läutende Kirchenglocken sind ebenfalls Anlass zur Klage. Zwei bis drei Beschwerden registriert das Bistum Trier jährlich. "Kirchenglocken gab es schon immer, Menschen, die sich darüber beschweren, erst seit kurzem", sagt Günther Schartz, Landrat des Kreises Trier-Saarburg. Wesentlich relevanter als vorübergehendes Geschrei und Gebimmel ist jedoch der alltägliche Radau: Zwei Drittel der Deutschen leiden einer repräsentativen Umfrage zufolge zu Hause unter Verkehrslärm. In Rheinland-Pfalz leben laut Umweltministerium über 400.000 Menschen an Hauptverkehrsstraßen. Ein Viertel von ihnen sei nachts gesundheitsschädlichen Pegeln von über 55 Dezibel ausgesetzt.

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