Gratis-Schwimmen während der Krise

BITBURG. Demos vor der Spangdahlemer Air Base, Protestmärsche durch Trier oder Luxemburg - so machen besorgte Bürger Front gegen einen möglichen Krieg im Irak. Behörden und Geschäftsleute halten jetzt dagegen: mit freiem Eintritt für Amerikaner und Willkommens-Adressen.

 Ein Herz für Amerikaner hat der Chef des Speicherer Gewerbevereins, Andreas Gerlach.Foto: Lydia Vasiliou

Ein Herz für Amerikaner hat der Chef des Speicherer Gewerbevereins, Andreas Gerlach.Foto: Lydia Vasiliou

Knapp1000 Soldaten vom US-Luftwaffenstützpunkt Spangdahlem wurden inden vergangenen Tagen bereits in die Krisenregion Mittlerer Ostenabkommandiert. Zurück in der Eifel blieben ihreFamilienangehörigen und die 4000 US-Militärs, die bislang keinenMarschbefehl erhalten haben. Auf Wunsch mit Steuer-Zusatz

"Sie sollen merken", sagt Bitburgs Bürgermeister Joachim Streit, "dass ihre deutschen Nachbarn zu ihnen stehen." Aus diesem Grund lässt das Bitburger Stadtoberhaupt eine Aktion wieder aufleben, die während des Golfkriegs vor zwölf Jahren aus der Taufe gehoben wurde: An ausgewählten Tagen haben Amerikaner im Schwimmbad "Cascade" und auf der örtlichen Eisbahn freien Eintritt. Zunächst ist die Aktion "Free days" auf den März beschränkt. Sollte der US-Einsatz rund um den Irak aber andauern, will Streit die Gratis-Initiative verlängern.

Ähnliche Motive haben auch Andreas Gerlach zur Tat schreiten lassen. "Weil bei einigen Friedensdemonstrationen so ein anti-amerikanischer Unterton mitschwingt", hält der Vorsitzende des Gewerbevereins Speicher jetzt mit einer Plakat-Aktion dagegen. "Herzlich willkommen -Friends are welcome", steht auf den mit einer deutschen und einer amerikanischen Flagge verzierten Din-A4-Plakaten, die Gerlach derzeit unter den örtlichen Geschäftsleuten verteilt. " Wir zeigen Flagge", sagt der Speicherer Gewerbevereins-Chef. " Die Amerikaner sollen sehen", sagt er, "dass es Leute gibt, die kritisch sind und trotzdem zu ihnen halten." Und die wohl auch zahlungskräftige Kundschaft nicht verlieren wollen: Das Willkommen-Plakat gibt es auf Wunsch auch mit dem Zusatz "We accept VAT-Forms" - für die Amerikaner ein Hinweis, dass sie in diesem Geschäft mehrwertsteuerfrei einkaufen können.

Jede Menge Freundschafts-Beweise

Während des Golf-Kriegs Ende Januar 1991 wären Aktionen wie die von Andreas Gerlach oder des Bitburger Bürgermeisters Streit nicht weiter aufgefallen. Unternehmer, Politiker, Vereine, Organisationen, aber auch "ganz normale" Bürger überboten sich seinerzeit fast schon mit Solidaritäts-Initiativen für die in Bitburg und Spangdahlem stationierten US-Soldaten und ihre Angehörigen. Der Bitburg-Prümer Landrat Roger Graef bat um Spenden, Kindergärten stellten Gratis-Plätze für US-Kids bereit, das Rote Kreuz organisierte Ausflüge und Familiennachmittage, Privatleute aus Wolsfeld schickten Päckchen und schrieben Briefe an die abkommandierten Soldaten. Politische Gremien - vom Ortsbeirat bis zum Kreistag - verabschiedeten Solidaritäts-Resolutionen und eine anlässlich des Reagan-Besuchs 1985 gegründete Bürgeraktion deutsch-amerikanische Freundschaft marschierte schweigend durch die Bitburger Fußgängerzone. Da war der Golf-Krieg allerdings auch schon in vollem Gange.

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