Griechenland-Retter müssen komplizierten Knoten lösen

Berlin · Soll der Internationale Währungsfonds beteiligt sein?

Berlin Zieht eine neue Griechenlandkrise herauf? An den Finanzmärkten sind die Risikozuschläge für griechische Staatsanleihen in den vergangenen Tagen stark angestiegen - ein Alarmsignal. Am Montag beraten die Euro-Finanzminister über die Fortsetzung der Hilfen. Die Lage gleicht einem komplizierten Mehrfachknoten. Der jüngste Versuch des CSU-Europapolitikers Manfred Weber, ihn an einer Stelle aufzulösen, hat vorerst nur eins erreicht: neue Knoten.

Mitte 2015 war das dritte Rettungspaket mit einem Volumen von bis zu 86 Milliarden Euro beschlossen worden. Griechenland musste sich verpflichten, seine Reformen fortzusetzen. Strittig ist aber schon, ob Athen das in ausreichendem Maße getan hat. Mehr sparen will und kann die Regierung aus innenpolitischen Gründen jedoch kaum - sie würde abgewählt werden. Derzeit wird mit der Euro-Gruppe über die nächsten Reformschritte verhandelt. Nur wenn die Gläubiger damit zufrieden sind, werden sie die nächste Tranche freigeben.

Im Poker darum brachte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits einen "Grexit" ins Spiel: Griechenland müsse seine Zusagen einhalten, "sonst wird es auf Dauer nicht gehen", sagte er Anfang Februar. Ministerpräsident Alexis Tsipras warf ihm daraufhin vor, er spiele mit dem Feuer. In Griechenland mehren sich Stimmen, dass die Rückkehr zur Drachme besser sei als ein nochmaliges Anziehen der Sparschraube. Andererseits kann sich Europa einen weiteren Abgang nach dem Brexit kaum leisten - es droht eine Kettenreaktion für den Euro.

Der zweite Knoten ist noch komplizierter: Um den Reformdruck auf Griechenland aufrechtzuerhalten, hatte vor allem Deutschland immer darauf bestanden, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) Teil des Gläubigerkonsortiums sein müsse. Vor der Bundestagsabstimmung über das dritte Rettungspaket im August 2015 versprach Schäuble: "Für die Bundesregierung ist unabdingbar, dass der Internationale Währungsfonds weiter an Bord bleibt."
Im Grunde genommen müsste diese Abstimmung - bei der es damals bereits 63 Abweichler auf Seiten der Union gab - längst wiederholt werden. Denn obwohl das Hilfsprogramm schon halb abgearbeitet ist, ist der IWF immer noch unentschlossen, ob er mitmachen kann. Er hält die Schulden des Landes langfristig für nicht tragfähig und verlangt deshalb einen weiteren Schuldenschnitt. Das Problem: Dann würden die Gläubigerstaaten ihr Geld verlieren. Allein für Deutschland wäre das wohl ein zweistelliger Milliardenbetrag - im Wahljahr eine sehr schlechte Nachricht für die Regierung. Und allenfalls eine gute für Euro-Gegner.

Deshalb meinte der CSU-Politiker Manfred Weber am Donnerstag in der Süddeutschen Zeitung, dass man den IWF ziehen lassen solle, wenn der auf einen Schuldenschnitt bestehe. Europa könne das Problem alleine lösen. Weber ist Chef der christlich-konservativen Fraktion im Europaparlament. Allerdings erntete er vom eigenen Parteikollegen Hans Michelbach, Finanzexperte im Bundestag, sogleich Widerspruch. Webers Äußerungen seien mit der Union in Berlin nicht abgesprochen. Die Beteiligung des IWF bleibe unverzichtbar, sagte Michelbach. "Das ist die Beschlusslage des Bundestages."
Auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) bestand am Donnerstag auf einer Beteiligung des IWF. "Sonst können wir keine weiteren Hilfen genehmigen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort