Große Einigkeit im EU-Parlament: Junckers Team bleibt im Amt

Brüssel · Keine Chance für den Misstrauensantrag gegen die EU-Kommission von Jean-Claude Juncker: Eine Debatte im Europaparlament zeigt, dass der Antrag von 76 Abgeordneten aus dem EU-kritischen und rechtspopulistischen Lager bei der Abstimmung am Donnerstag aussichtslos ist

Brüssel. Es ist gerade einen Monat her, dass alle 28 neuen EU-Kommissare schon einmal links neben dem Rednerpult des Straßburger Europaparlaments Platz genommen haben. Damals wurden sie von den Abgeordneten offiziell ins Amt befördert. Am Montagnachmittag mussten sie schon wieder in voller Mannschaftsstärke antreten - weil das Parlament über den schnellsten Misstrauensantrag gegen eine EU-Kommission in der Geschichte debattierte. Wegen der kürzlich enthüllten Luxemburger Steuergeschenke für Großkonzerne solle die Kommission des früheren Luxemburger Premiers Jean-Claude Juncker den Hut nehmen, forderte ein Bündnis um die französische Rechtsextremistin Marine Le Pen und den britischen EU-Gegner Nigel Farage.
Der Antrag, über den formal erst am Donnerstag abgestimmt wird, erwies sich gleich zu Beginn der Plenardebatte als chancenlos. Nötig wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit, doch sehr viel mehr Stimmen als jene 76, die es für das Zustandekommen des Misstrauensvotums brauchte, dürften es kaum werden. Die großen Fraktionen kündigten nämlich an, geschlossen für Junckers Team stimmen zu wollen.
Seine Christdemokraten ohnehin: Juncker habe glaubwürdig kundgetan, den Kampf gegen Steuerschlupflöcher aufzunehmen, sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, der CSU-Politiker Manfred Weber. Und auch die Sozialdemokraten, in einer großen Koalition mit der EVP, tragen Juncker weiter mit. "Das eigentliche Ziel" des Abwahlantrags, so der belgische Sozialdemokrat Marc Tarabella, sei es, "Europa unregierbar zu machen und Chaos zu erzeugen, für das die EU-Bürger den Preis zahlen würden". Gleichwohl verbanden auch die deutschen SPD-Abgeordneten ihre Unterstützung mit der Forderung nach neuen europäischen Gesetzen für mehr Steuergerechtigkeit, die der Luxemburger Kommissionschef anstoßen müsse. Dies werde zu "Junckers Prüfstein", heißt es in der SPD-Fraktion. Gegen die Kommission wollen auch die deutschen Liberalen nicht stimmen, die ihr bei der Wahl noch die Zustimmung verweigert hatten. Und auch die Linken, die ihrerseits einen Misstrauensantrag wegen der Steueraffäre hatten vorbringen wollen, aber nicht die dafür notwendige Stimmenzahl zusammenbekommen hatten, haben angekündigt, den Antrag von rechts nicht zu unterstützen.
Extra

Die EU-Kommission startet mit einem 300-Milliarden-Euro-Wachstumspaket ihr erstes großes Vorhaben zur Überwindung der Wirtschaftskrise. Die Kommissare werden heute in Straßburg darüber beraten. Kommissionschef Juncker will das Paket dann am Mittwoch offiziell im Europaparlament vorstellen. dpa

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