Großes Geschäft mit umfrisierten Autos

Trier · Die Mannheimer Staatsanwaltschaft ermittelt in einem angeblichen Betrug im großen Stil mit zu Privatwagen umdeklariereten Mietwagen. Im Visier auch eine Trierer Firma. Ihr wird Bestechung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung vorgeworfen.

Trier. Anfang vergangenen Jahres wurde die Kooperation noch als wegweisend gelobt. Eine Trierer Firma, die auf ihrer Internetseite damit wirbt, "Dienstleistungen im Bereich des Fahrzeugimports" anzubieten, hatte zusammen mit einer Immobilienfirma in Mainz das Gebäude für eine neue Zulassungsstelle gebaut. 3,2 Millionen Euro kostete der Neubau, in dem die Stadt Mainz die benötigten Räume anmietete. Auch die Trie-rer Firma ("Wir beantragen, verwalten und versenden Ihre Fahrzeugdokumente für Sie.") hat ein Büro in dem Haus.
Nun könnte sich die Nähe zwischen dem vor über 20 Jahren gegründeten Unternehmen aus Trier und der Mainzer Zulassungsstelle als Verhängnis erwiesen haben. Denn die Mannheimer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mitarbeiter des Unternehmens, gegen einen Mitarbeiter der Zulassungsstelle und eine im baden-württembergischen Rastatt sitzende Mietwagenfirma. Der Vorwurf: Sie sollen ausrangierte Mietwagen, ohne diese zu verkaufen, zu Privatwagen umdeklariert haben, indem sie sich Daten von Autobesitzern von der Zulassungsstelle besorgt haben. Die Autos seien dann fiktiv auf diese Leute angemeldet worden, ohne dass diese etwas davon wussten, bestätigt Peter Lintz, Sprecher der Mannheimer Staatsanwaltschaft. Hintergrund ist nach Ansicht der Ermittler Umsatzsteuerbetrug.
Beim Verkauf eines Privatwagens unterliegt ein Händler nur für die Differenz zwischen An- und Verkaufspreis der Umsatzsteuer. Bei Firmen - und damit auch Mietwagen - unterliegt aber der volle Preis der Steuerpflicht. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass im großen Stil Wagenpapiere umfrisiert worden sind. Laut Lintz geht es um 4900 Autos, die zwischen 2007 und 2010 fiktive neue Besitzer bekommen haben und nach Italien verkauft worden sein sollen. Geschätzter Schaden für den Fiskus: rund zehn Millionen Euro. Aufgeflogen sei das Ganze eher durch Zufall. Durch die Rückrufaktion eines Autoherstellers erhielt einer dieser fiktiven Autobesitzer Post für einen Wagen, den er gar nicht hatte. Er erstattete Anzeige wegen angeblichen Datenmissbrauchs. Dadurch seien die Ermittlungen ins Rollen gekommen, sagt Lintz. Seit Anfang des Jahres wird nun ermittelt.
Im Visier stehen laut Lintz sechs Beschuldigte, darunter auch Mitarbeiter des Trierer Unternehmens. Der Firma wird Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Bestechung vorgeworfen. Mitarbeiter sollen den mittlerweile suspendierten Beschäftigten der Zulassungsstelle beauftragt haben, Daten herauszurücken.
Die Geschäftsführung des Trie-rer Unternehmens bestätigt auf Anfrage unserer Zeitung, dass es laufende Ermittlungen gebe, wollte sich aber nicht zu den Vorwürfen äußern. Laut dem Sprecher der Mannheimer Staatsanwaltschaft hat es neben Durchsuchungen in der Zulassungsstelle in Mainz und bei der Firma in Rastatt auch Durchsuchungen in Trier bei dem Unternehmen und in Privatwohnungen gegeben.
Die Staatsanwaltschaft spricht von einem "größeren Fall". Bei einer Verurteilung drohten den Beschuldigten Haftstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. Umsatzsteuer, auch Mehrwertsteuer genannt, muss ein Händler beim Verkauf einer Ware oder Dienstleistung zahlen. Weil die Umsatzsteuer vom Käufer auf dem Umweg über den Unternehmer erhoben wird, zählt sie zu den indirekten Steuern. Der Steuersatz beträgt 19 Prozent, der ermäßigte Steuersatz sieben Prozent, etwa für Lebensmittel, Zeitschriften und Bücher sowie künstlerische Leistungen. wie

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