Gute Aussichten für Trump

Einen Präsidenten wie Donald Trump hatten die USA noch nie, zumindest nicht in ihrer jüngeren Geschichte. Einen launischen, dünnhäutigen, meist mit sich selber beschäftigten Egomanen.

Einen Lautsprecher, der gern den Superlativ bemüht, ohne Taten folgen zu lassen. Einen Populisten, der autokratische Neigungen erkennen lässt, wenn er nicht nur die Presse mit Worten angreift, die an Putin oder Erdogan denken lassen, sondern auch Richter aufs Übelste beschimpft, sobald ihm deren Entscheidungen nicht passen.
Das meiste von dem, was er im Wahlkampf versprach, ist entweder Stückwerk geblieben oder noch gar nicht in Angriff genommen. Im Weißen Haus residiert ein 71-Jähriger, für den Politik nicht nur Neuland ist, sondern dem auch die Neugier zu fehlen scheint. Und die Bereitschaft, zu lernen, das Handwerk des Regierens zu erlernen. So selbstgefällig sein Habitus ist, so bescheiden ist seine Bilanz.
Das groß angekündigte Infrastrukturprogramm lässt auf sich warten, die Steuerreform hängt in der Schwebe, statt der für jedermann bezahlbaren Krankenversicherungen, die er auf Kampagnenbühnen in Aussicht stellte, klettern die Versicherungsprämien für viele auf unbezahlbare Höhen. Trumps Feuer-und-Wut-Rhetorik im Konflikt mit Nordkorea zerrt so sehr an den Nerven, dass selbst ein Republikaner wie Bob Corker, einer der profiliertesten Außenpolitiker des Senats, düster davor warnt, dass man unter diesem Commander-in-Chief auf einen Dritten Weltkrieg zuzusteuern drohe. Die Ex-Generäle auf den Schlüsselposten des Kabinetts sind vollauf damit beschäftigt, den Präsidenten einzuhegen - und der Welt beschwichtigend zu erklären, was in Wahrheit gemeint war mit dem einen oder anderen schnellen Tweet.
Und doch: Wer davon ausgeht, dass dieser Präsident allenfalls vier Jahre regiert, sollten ihn die Ermittlungen Robert Muellers in der Russlandaffäre nicht schon früher zu Fall bringen, der könnte sich irren. Im Moment scheint seine Wiederwahl im Herbst 2020 wahrscheinlicher als seine Amtsenthebung. Denn noch immer versteht es das PR-Genie im Oval Office, den furchtlosen Rebellen zu geben, der die Etablierten zittern lässt. Geht es nicht voran mit seiner Agenda, dann nur, weil es länger dauert, den Sumpf des Establishments trockenzulegen. Nicht den bisweilen barschen, gleichwohl ehrlichen Reformer trifft die Schuld, der würde ja gern, wenn er könnte. Die Schuld trifft allein das Parlament, die Festung Washington, wo sich die politische Klasse, Republikaner wie Demokraten, hinter ihren Privilegien verschanzt. So suggeriert es Trump, und seine Fans glauben ihm jedes Wort. Dass da einer den "Saustall" rigoros auszumisten verspricht, reicht ihnen schon.
Jedenfalls steht ein harter Kern seiner Anhänger mindestens so unbeirrt hinter dem selbsternannten Aufständischen, wie es vor einem Jahr der Fall war. Es ist eine nach rechts gerückte, vom nationalistischen Fieber erfasste Parteibasis. Sie wird ihre Macht erneut ausspielen, wenn es demnächst darum geht, die Kandidaten für die Kongresswahlen zu nominieren. Wer in den republikanischen Reihen Kritik am Präsidenten übt, muss damit rechnen, dass ihn die Basis 2018 bei den Primaries durchfallen lässt. Keine schlechten Aussichten für Donald Trump.

nachrichten.red@volksfreund.de

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