Gutgläubige Senioren vertrauen ihrem Versicherungsmakler - Von ihren Ersparnissen ist nichts geblieben
Trier · Kurzer Prozess vor dem Landgericht Trier. Weil ein Versicherungsmakler aus Konz das Geld seiner Kunden - insgesamt mehr als eine Million Euro - für sich behalten hat, muss er nun ins Gefängnis. Er hatte das Vertrauen vor allem von Senioren genutzt, um sich zu bereichern.
Wie fühlt sich ein Mensch, der seine überwiegend betagten Kunden um die Ersparnisse für das Alter bringt und das Geld für eigene Zwecke nutzt? Antworten auf diese Frage gab es bei dem Prozess gegen einen 53-jährigen Versicherungsagenten aus Konz nicht. Der Mann zeigte an den beiden Verhandlungstagen keine Emotionen und äußerte sich auch nicht zu den teilweise dramatischen Einzelfällen.
Wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 19 Fällen und vielfacher Urkundenfälschung ist er am Dienstag vor dem Landgericht Trier zu vier Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Er habe das Vertrauen seiner Kunden über einen langen Zeitraum schwer missbraucht, auch um seinen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren, sagte die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz.Frühes Geständnis
Die kurze Prozessdauer und das vergleichsweise moderate Strafmaß wurden durch das vollständige Geständnis des Angeklagten möglich, der alle Taten einräumte. Daraufhin hatten sich Staatsanwältin Stefanie Kaluba, der durch Rechtsanwalt Bernward Wittschier rechtlich beratene Angeklagte und das Gericht zu Prozessauftakt auf eine Strafe von maximal fünf Jahre und drei Monate verständigt. Diese Absprache (siehe Extra) ersparte es den zum Teil um ihre gesamten Ersparnisse gebrachten Geschädigten, vor dem Gericht aussagen zu müssen.
ediglich die mit dem Fall beauftragte Kriminalbeamtin wurde am Dienstag als Zeugin vernommen. Nach Aussagen der Ermittlerin sind vor allem ältere Menschen geschädigt worden. "Die Leute haben einfach darauf vertraut, was ihnen von ihrem Versicherungsvertreter geraten wurde. Sie konnten sich auch bei der Befragung durch Polizisten noch gar nicht vorstellen, dass ihr Geld nicht mehr da ist." Viele von ihnen hätten nun mit Altersarmut zu kämpfen, seien krank geworden oder müssten länger berufstätig bleiben.
Im Einzelfall hatten Kunden mehrere Hunderttausend Euro dem Versicherungsagenten anvertraut. Aber auch deutlich kleinere Summen wurden ihm bar übergeben. Alle glaubten dessen Versprechen, er könne das Geld zu deutlich besseren Renditen anlegen. Daraufhin hatten sie Lebensversicherungen vorzeitig gekündigt oder finanzielle Anlagen aufgelöst, die für die Altersversorgung vorgesehen waren. Das Geld steckte der der 53-Jährige Vater von fünf Kindern in die eigene Tasche. Die angeblich ordnungsgemäße Verwendung der Beträge bestätigte er mit gefälschten Dokumenten. "Die Leute konnten nicht erkennen, dass die Schriftstücke nicht von der Versicherung waren", so die Ermittlerin.
In einigen Fällen kündigte der Versicherungsmann mit gefälschten Unterlagen auch private Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen ohne das Wissen der Versicherten.
Damit das nicht auffiel, zahlte er über längere Zeit monatlich vom eigenen Konto angebliche Rentenbeträge auf das Konto der Geschädigten. Selbst zwei ehemalige Schwägerinnen, eine Nichte und eine langjährige Angestellte blieben vor den betrügerischen Aktivitäten des Mannes nicht verschont, der sich ganz offenbar immer mehr in sein System aus Betrug und Dokumentenfälschungen verstrickte, bis einzelne Kunden und die von ihm vertretene Versicherungsgesellschaft misstrauisch wurden.
Was mit den mehr als eine Million Euro passiert ist, die er alleine zwischen 2010 und 2015 für sich behalten hat, ist nicht klar. "Wir wissen bisher nicht, wohin das Geld gegangen ist", sagte am Dienstag die Ermittlerin. Sicher ist allerdings, dass der Mann mit seinen betrügerischen Scheingeschäften bereits spätestens im Jahr 2006 begonnen hat. Diese Taten sind verjährt.
Einblicke in sein Gefühlsleben gab der Angeklagte nicht, auch wenn er in seinem Schlusswort einräumte, er bereue zutiefst. "Wenn ich wieder gutmachen könnte, würde ich das tun." An der Fassungslosigkeit vieler Prozessbegleiter, darunter auch ehemalige Kollegen, änderte diese Aussage nichts. Die betroffene Versicherung hat zivilrechtliche Schritte angekündigt. Sie will Kunden zumindest ein Teil des Schadens ersetzen.Extra
Bei einer Verständigung spricht sich das Gericht mit den Beteiligten über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens ab. Meist geht es dabei um die Einigung über das zu erwartende Strafmaß für den Fall eines Geständnisses. Häufig verkürzt das die Prozessdauer deutlich, weil viele Zeugen nicht mehr gehört werden müssen. Auch für den Opferschutz ist das relevant. Der geständige Angeklagte kann im Gegenzug mit einem milderen Urteil rechnen und erspart sich eine auch für ihn möglicherweise belastende lange Verhandlungsdauer. r.n.