Hahn-Verkauf: Welche Rolle spielt Idar-Obersteiner Geschäftsmann?

Mainz · Chinesen wollen den Flughafen Hahn kaufen. Den Kaufvertrag unterschrieben hat aber ein deutscher Geschäftsmann: ein Edelsteinhändler aus Idar-Oberstein.

Es erinnert an ein Familienfoto. Alle lachen fröhlich in die Kamera. Allen voran der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD), der dem Kinderarzt und Piloten Yu Tao Chu die Hand schüttelt. Hinter dem Minister strahlt sein ihn um einen Kopf überragender Staatssekretär Randolf Stich (SPD). Insgesamt 14 Personen, darunter ein Kind, das sich die Augen zuhält, sind in dem Filmausschnitt eines SWR-Beitrags zu sehen. Der Ausschnitt zeigt eine Szene vom 6. Juni nach der Pressekonferenz zum Verkauf des Hahn an den chinesischen Investor SYT auf der Dachterrasse des Konferenzzentrums auf dem Flughafen Hahn gemacht worden ist.

Verbindungen nach China

Ganz rechts ist ein Mann zu sehen, von dem zu dem Zeitpunkt Außenstehende nicht gewusst haben, dass er eine zentrale Rolle beim Verkauf des Hunsrücksflughafens spielt: Hans-Werner Müller, Edelsteinhändler aus Idar-Oberstein. Er hat den Kaufvertrag für SYT als Bevollmächtigter unterschrieben. Müller ist bei der Pressekonferenz vor einem Monat anwesend, befindet sich unter den Zuhörern, vorgestellt wird er dabei aber nicht. Der Schmuckhändler, der ein paar Jahre in China gelebt haben soll, soll ein Freund von Yu Tao Chu sein, der als Generalbevollmächtigter von SYT bei der Pressekonferenz vorgestellt worden ist. Gegenüber Medien will sich Müller nicht zu seiner Rolle bei dem Hahn-Deal äußern.

Auch im Innenministerium schweigt man zur Rolle Müllers. Über den Vertragsinhalt mit SYT dürfe man nichts sagen, heißt es. Die Chinesen hätten eine Verschwiegenheitspflicht vereinbart. Christoph Brützel, Professor für Luftverkehrsmanagement an der Internationalen Hochschule in Bad Honnef wirft dem Land vor, dass bei der Investorenauswahl "die fachliche Qualifikation sowie die Qualität, Plausibilität und Nachhaltigkeit der vorgelegten Geschäftsplanung nur eine, wenn überhaupt, untergeordnete Rolle gespielt zu haben".

Das Ganze erinnere ihn an den Fall Parchim International, sagt Brützel unserer Zeitung. Ein chinesischer Investor hat den ehemaligen Militärflughafen in Mecklenburg-Vorpommern gekauft, um dort regelmäßig Passagierflüge aus Asien landen zu lassen und ein riesiges asiatisches Einkaufszentrum zu bauen. Realisiert worden ist davon noch nichts. "In Anbetracht der Sensibilität des Themas und der Parallelitäten zu Parchim International hätten die politisch Verantwortlichen die Empfehlung zur Bieterauswahl kritischer hinterfragen müssen", sagt Brützel.

Allerdings scheint das Land gar nicht die Auswahl zwischen verschiedenen Bietern gehabt zu haben. Nach Recherchen unserer Zeitung hat SYT das einzige den Ausschreibungskriterien entsprechende Angebot abgegeben. Die beiden anderen Bieter, ADC und der unbekannte chinesisch-amerikanische Konzern sollen keine Geschäftspläne vorgelegt haben. Ein Insider sagte unserer Zeitung, das Land habe damit nur die Wahl gehabt, entweder SYT den Zuschlag zu geben oder den Hahn Pleite gehen zu lassen. Offenbar ist die Lage des finanziell angeschlagenen Hunsrückflughafens, der im vergangenen Jahr 17 Millionen Euro Minus gemacht hat, so schlimm, dass ohne baldigen Verkauf oder zusätzliche Mittel des Landes eine Insolvenz droht.

Brützel wirft auch der vom Land mit dem Ausschreibungsverfahren beauftragte Beratungsfirma KPMG vor, Fehler gemacht zu haben. Sie habe den Auftrag nicht mit "der vertraglich zu erwartenden Sorgfalt" ausgeführt. Nach Informationen unserer Zeitung haben die Berater das Land vor der notariellen Beurkundung des Vertrages mit SYT darauf hingewiesen, dass der Investor auf der Skala, mit der die Bonität gewertet wird, mit B eingestuft ist. Das bedeutet: ausreichende Bonität, höheres Ausfallrisiko, schwache finanzielle Sicherheit. Zweifel an der Zahlungsfähigkeit und Seriosität soll es zu diesem Zeitpunkt aber bei KPMG und dem Land nicht gegeben haben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort