Parlament Harsche Kritik an AfD-Fraktion nach Ahnemüller-Rauswurf: „Sie sind rechtsextrem!“

Mainz/Konz · Der Stuhl des Konzers Jens Ahnemüller bleibt nach seinem Rauswurf aus der Fraktion leer. Die Regierungsparteien beugen einer möglichen Spaltung der AfD im Land vor. Und ein Trierer Genosse will einen Umzugswagen mieten.

 Noch steht der Stuhl von Jens Ahnemüller in der AfD-Fraktion.

Noch steht der Stuhl von Jens Ahnemüller in der AfD-Fraktion.

Foto: TV/Florian Schlecht

Immer wieder rutscht Sven Teuber auf seinem Stuhl hin und her, dann poltert der SPD-Landtagsabgeordnete los: „Wann kommt endlich der Umzugswagen?“, ruft Teuber im Mainzer Parlament laut AfD-Mann Michael Frisch entgegen. Teuber spielt darauf an, dass der Trierer AfD-Politiker noch ein Gemeinschaftsbüro mit dem Konzer Jens Ahnemüller unterhält, der in dieser Woche aus der Landtagsfraktion flog, weil er Kontakte in die rechtsextreme Szene haben soll. Später kokettiert Teuber damit, selber einen Sprinter mieten und heute bei der AfD vorfahren zu wollen, um den Umzug zu beschleunigen.

Frisch, der im Gespräch mit dem TV ankündigt, die Bürogemeinschaft in Trier auflösen zu wollen, „weil ich nicht mit den Vorwürfen gegen Jens Ahnemüller in Zusammenhang gebracht werden will und Kontakte ins rechtsextreme Milieu prinzipiell ablehne“, rät dem Trierer Genossen, er solle in der Bibel mal Matthäus 7,3 lesen. „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“, heißt es dort. Kritiker spotten am Donnerstag jedoch auf Twitter, im Auge der AfD stecke kein Splitter mehr – sondern ein ganzes Haus.

Andere Parteien halten Ahnemüller nicht für einen Einzelfall in der AfD. Der SPD-Abgeordnete Michael Hüttner attackiert Uwe Junge: „Die AfD ist ein reißender Wolf in unserer Demokratie, und Sie, Herr Junge, sind der Oberwolf. Sie sind rechtsextrem!“, schleudert er dem AfD-Landeschef entgegen, der jüngst in der Kritik stand, weil er beim „Trauermarsch“ in Chemnitz mitmarschierte, an dem auch das islamfeindliche Bündnis Pegida teilnahm. Alexander Licht (CDU) wirft Junge „Janusköpfigkeit“ vor, weil der solche Treffen provoziere, um dann später Dementis gegen rechts abzugeben. „Das nimmt der AfD keiner mehr ab“, sagt der Abgeordnete aus Bernkastel-Kues. Pia Schellhammer (Grüne) nennt Ahnemüller „die Spitze des Eisbergs“ in einer AfD-Fraktion, „in der Abgeordnete Verbindungen zur rechtsextremen Identitären Bewegung und zu Burschenschaften unterhalten, die Arier-Nachweise fordern“. Der Vulkaneifeler FDP-Abgeordnete Marco Weber sagt: „Würde sich die AfD-Fraktion konsequent von Rechtsextremen trennen, wären die Reihen bald leer.“

AfD-Landeschef Uwe Junge wehrt sich gegen die Vorwürfe. Er wirft SPD und Grünen wiederum enge Verflechtungen mit linksextremen Gruppen vor. Die AfD bezeichnet er als „bürgerlich-konservative Partei“, die fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehe. Junge räumt zugleich ein, dass es in der Partei „gelegentlich Abweichungen“ von beschlossenen Grundsätzen gibt. Wie bei Ahnemüller. Der Konzer – zweimal abgemahnt von der AfD – bestreitet Kontakte in die rechtsextreme Szene. Bei einer AfD-Demo seines Kreisverbandes sollen jüngst aber Ordner gearbeitet haben, die der Identitären Bewegung angehören. Dem AfD-Mann werden nach TV-Informationen noch Kontakte zu radikaleren Rechten vorgeworfen. Das soll das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Innenminister Roger Lewentz (SPD) sagt: „Es gibt unbestreitbare Hinweise, die auf Kontakte einzelner AfD-Funktionäre zu Rechtsextremisten hindeuten. Noch reden wir von Puzzleteilen. Mehren sie sich, entsteht ein Bild.“

Gehandelt haben auch die anderen Parteien – und zwar bei der Geschäftsordnung des Landtags. Künftig ist es erst ab fünf Abgeordneten erlaubt, eine Fraktion zu bilden, wo es zuvor nur zwei brauchte. Der brisante Hintergrund: In Regierungskreisen und in der CDU gab es die Sorge, AfD-Abgeordnete könnten sich abspalten und mit Ahnemüller eine eigene, neue Fraktion gründen. Diese hätte Beobachtern zufolge bis zu einer Million Euro an Steuergeld pro Jahr kassieren können. In Mainzer Politikkreisen fiel bei möglichen Austrittskandidaten der Name der AfD-Landtagsabgeordneten Gabriele Bublies-Leifert. Doch die saß in dieser Woche brav in den Reihen der AfD. Jens Ahnemüller, der fraktionsloser Abgeordneter bleiben will, fehlte dagegen krank. Stuhl und Namensschild des Konzers standen noch in der AfD-Fraktion. Doch das dürfte bald Geschichte sein.

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